Albanien

Republik Albanien

Berichtszeitraum 1.1.2024 – 31.12.2024
Englischer Originaltext Albania
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Krebspatient*innen wurde der Zugang zur kostenlosen medizinischen Versorgung im Mutter-Teresa-Krankenhaus in Tirana verweigert. Die weit verbreitete häusliche Gewalt gegen Frauen und Mädchen hielt an. In den Gefängnissen herrschten Überbelegung und unzureichende medizinische Versorgung. Die Pressefreiheit war nach wie vor bedroht. Die Verabschiedung eines Abkommens mit Italien über Gewahrsamseinrichtungen für aus dem Meer gerettete Asylbewerber*innen gab Anlass zu Besorgnis über die Rechte von Flüchtlingen.

Recht auf Gesundheit

Mehrere Patient*innen, die eine Krebsbehandlung benötigten, wurden von Ärzt*innen aus dem staatlichen Mutter-Teresa-Krankenhaus in der Hauptstadt Tirana in ihre kostenpflichtigen Privatkliniken verlegt. Die Ärzt*innen wurden suspendiert, und die Ermittlungen laufen noch. Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte wies auf die unzureichende Infrastruktur des Gesundheitswesens, den Personalmangel, den fehlenden Zugang zu spezialisierten Diensten für sexuelle und reproduktive Gesundheit und die ungleiche Verteilung von Gesundheitsdiensten, insbesondere in ländlichen Gebieten, hin.

Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt

Die Polizei berichtete, dass in den ersten sechs Monaten des Jahres 686 Frauen Opfer häuslicher Gewalt wurden, was einem Anstieg von 30 Fällen gegenüber dem Vorjahr entspricht. In einer Studie vom Mai wurde hervorgehoben, dass der Mangel an institutioneller Unterstützung die Opfer häuslicher Gewalt zurück zu ihren Misshandler*innen zwingt. Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte wies darauf hin, dass das Verfahren für die Inanspruchnahme von kostenlosem Rechtsbeistand überprüft werden sollte, um den Opfern häuslicher Gewalt einen besseren Zugang zu ermöglichen.

Grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung

Im Januar äußerte das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter erneut seine Besorgnis über die Lebensbedingungen von Patient*innen der forensischen Psychiatrie in Haft. In der provisorischen Einrichtung zur Unterbringung psychiatrischer Patient*innen im Lezha-Gefängnis zeigte sich der Ausschuss besorgt über die Überbelegung, den Mangel an medizinischem Personal und die schlechte Infrastruktur. Der UN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter berichtete gesondert über eine hohe Zahl von Personen in Untersuchungshaft und einen unzureichenden Zugang zu medizinischer Versorgung für inhaftierte Personen.

Freiheit der Meinungsäußerung

Im Mai stellte der Weltindex für Pressefreiheit 2024 der Organisation Reporter ohne Grenzen fest, dass die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der albanischen Medien “durch Interessenkonflikte zwischen Wirtschaft und Politik, einen mangelhaften Rechtsrahmen und eine parteiische Regulierung” bedroht sind. Er stellte fest, dass Journalist*innen nach wie vor Einschüchterungen durch sowohl Politiker*innen als auch organisiertes Verbrechen ausgesetzt sind.

Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen

Im Januar gab das Verfassungsgericht dem Parlament grünes Licht für die Ratifizierung eines Abkommens mit Italien über den Bau von zwei Gewahrsamszentren in Albanien, in denen von italienischen Staatsschiffen gerettete Asylbewerber*innen untergebracht werden sollen, obwohl Bedenken wegen willkürlicher Inhaftierung bestanden. Die ersten im Rahmen des Abkommens inhaftierten Asylbewerber*innen aus Bangladesch und Ägypten wurden nach einer weiteren Gerichtsentscheidung im Oktober nach Italien zurückgeschickt; damit wurde ihnen das Recht zugestanden, dass ihre Asylanträge in Italien bearbeitet werden.

Diskriminierung

Roma und Balkan-Ägypter*innen

Im April wies der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung auf anhaltende Probleme für Roma und Balkan-Ägypter*innen hin, darunter Schwierigkeiten bei der Erlangung von Geburtsregistrierung und Ausweispapieren sowie beim Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen. Der Ausschuss fand Beweise für die faktische Segregation und Diskriminierung von Roma- und ägyptischen Kindern in einigen Schulen.

LGBTI-Menschen

Im Mai löste eine symbolische gleichgeschlechtliche Ehe in Tirana eine Kontroverse aus, obwohl sie rechtlich nicht anerkannt ist. Sie löste Empörung bei der politischen Rechten und religiösen Gruppen aus und führte zu vermehrten Hassreden gegen die LGBTI-Gemeinschaft.

Im Juli forderte der unabhängige UN-Sachverständige für den Schutz vor Gewalt und Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechtsidentität die Regierung auf, Gesetze und politische Maßnahmen an die Lebenswirklichkeit von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans und intergeschlechtlichen Menschen (LGBTI+) anzupassen und deren Erfahrungen mit Stigmatisierung und Diskriminierung in den Bereichen Bildung, Gesundheitswesen, Beschäftigung und Alltagsleben anzuerkennen.

17. Juni 2025