Angola
Berichtszeitraum | 1.1.2024 – 31.12.2024 |
Englischer Originaltext | Angola |
Weitere Online-Dokumente von Amnesty International Deutschland | Angola |
Republik Angola
Aktivist*innen der Zivilgesellschaft und Journalist*innen wurden festgenommen und inhaftiert, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung wahrgenommen hatten. Einigen von ihnen wurde in der Haft die notwendige medizinische Versorgung verweigert. Die Tötung einer Frau durch Sicherheitskräfte und die Verletzung einer anderen Frau wurden nicht untersucht. Das Schicksal und der Verbleib von zwei Mitgliedern der Bewegung Nationale Einheit für die totale Revolution Angolas blieben unbekannt. Frauen und Kinder aus den südwestlichen Provinzen waren am stärksten von der Ernährungsunsicherheit betroffen, die voraussichtlich 5 % der Gesamtbevölkerung betraf.
Rechte der Inhaftierten
Einigen Gefangenen wurde eine angemessene medizinische Versorgung verweigert. Der Gesundheitszustand von mindestens zwei Aktivisten, die seit September 2023 im Zusammenhang mit der Unterstützung friedlicher Proteste inhaftiert sind, verschlechterte sich. Im Februar wurde Adolfo Campos zur dringenden Behandlung in das Gefängniskrankenhaus eingeliefert. Die Gefängnisbehörden ignorierten die Empfehlungen der Ärzte und die Bitte seiner Anwält*innen, ihn für eine Operation in eine externe Einrichtung zu verlegen. Im Juni klagte Gildo das Ruas über Fieber und körperliche Schmerzen, aber die Gefängnisbehörden ließen ihn erst am 1. August zur Ärzt*in gehen. Zu dem Zeitpunkt wurde bei ihm eine Wirbelsäulenverkrümmung diagnostiziert, die ihn daran hinderte, länger als 30 Minuten zu stehen, und ihm wurde ein Rollstuhl und eine Lendenprothese verschrieben. Ein Rollstuhl, der am 15. August von seinen Anwälten an das Gefängnis geliefert wurde, wurde ihm mindestens vier Tage lang vorenthalten.[1]
Freiheit der friedlichen Versammlung
Die angolanische Nationalpolizei (PNA) unterdrückte mindestens sieben Proteste, die sich unter anderem gegen die anhaltende Inhaftierung von Aktivist*innen, darunter Adolfo Campos und Gildo das Ruas (siehe oben), die hohen Lebenshaltungskosten, die Verweigerung von Arbeitnehmer*innenrechten und die Aussicht auf eine dritte Amtszeit von Präsident Lourenço richteten.
Am 22. Juni hinderte die PNA die Bewegung Nationale Einheit für die totale Revolution Angolas (UNTRA) daran, eine friedliche Demonstration in der Hauptstadt Luanda abzuhalten. Mindestens 11 Demonstrant*innen wurden verhaftet, von denen eine*r von den verhaftenden Beamt*innen geschlagen und schwer verletzt wurde. Sie wurden sieben Stunden später ohne Anklage freigelassen.
Eine Demonstration gegen ein neues Gesetz über Vandalismus und nationale Sicherheit wurde am 31. August von der PNA gestoppt, als mindestens sieben Demonstrant*innen, darunter Aktivist*innen und ein*e Journalist*in , auf dem Friedhof Santa Ana in Luanda festgenommen, zum Provinzkommando Luanda gebracht und zehn Stunden später ohne Anklage freigelassen wurden.
Die PNA unterdrückte am 21. September eine weitere UNTRA-Demonstration mit der Begründung, sie sei nicht genehmigt worden, was die Organisator*innen bestritten. Mindestens sieben Demonstrant*innen wurden festgenommen, darunter auch Organisator*innen, die sich einer polizeilichen Aufforderung zur Auflösung widersetzt hatten. Die Polizei beschlagnahmte ihre Transparente, Flugblätter und Telefone. Sie wurden alle noch am selben Tag ohne Anklage freigelassen.
Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen
Die PNA verhaftete weiterhin willkürlich Menschen, insbesondere Aktivist*innen, die an Protesten beteiligt waren.
Am 4. Januar verhaftete die PNA die Menschenrechtsaktivistin Laurinda Gouveia und ihren Ehemann zusammen mit ihrer zweijährigen Tochter bei einer friedlichen Demonstration in Luanda. Auf der Demonstration wurde die Freilassung von Aktivist*innen und der Social-Media-Influencerin Neth Nehara gefordert, die eine zweijährige Haftstrafe verbüßt, weil sie den Präsidenten auf TikTok kritisiert hatte. Laurinda Gouveia und ihre Familie wurden am nächsten Tag freigelassen, nachdem sie und ihr Ehemann an einem Schnellverfahren vor dem Provinzgericht in Luanda teilgenommen hatten, bei dem alle Anklagepunkte aufgrund unzureichender Beweise fallen gelassen wurden.
Am 16. März wurde Laurinda Gouveia zusammen mit Elisabeth Campos und Marinela Pascoal erneut verhaftet, als sie an einer von den Frauen für bürgerliche und politische Rechte organisierten Demonstration gegen Polizeigewalt und hohe Lebenshaltungskosten teilnehmen wollten. Sie wurden noch am selben Abend wieder freigelassen, nachdem ihr*e Anwält*in Beschwerde eingelegt hatte.
Am 20. März verhafteten PNA-Beamte drei Personen in den Städten Bengo und Huambo, weil sie an einem Generalstreik teilgenommen hatten, zu dem der Allgemeine Verband der unabhängigen und freien Gewerkschaften Angolas aufgerufen hatte, um eine Erhöhung des nationalen Mindestlohns und bessere Lebensbedingungen zu fordern.
Florindo Chivucute, der Geschäftsführer der zivilgesellschaftlichen Organisation Friends of Angola, wurde am 27. August wegen Ungehorsam gegenüber polizeilichen Anordnungen festgenommen, nachdem er gefilmt hatte, wie Verkehrspolizist*innen und Beamt*innen der Kriminalpolizei (SIC) und der Direktion für die Untersuchung von Straftaten (DIIP) ihn angriffen. Er verbrachte eine Nacht in Handschellen auf dem 4. Polizeirevier in Luanda, bevor er zu einer zweimonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt wurde.
Recht auf freie Meinungsäußerung
Am 6. Juni wurde der Journalist Guilherme Fortuna von TV Nzinga daran gehindert, über die Massenentlassung von Arbeiter*innen aus der Sonderwirtschaftszone Luanda-Bengo zu berichten, als Beamte der 4. Polizeistation ihn angriffen und seine Kamera und Aufnahmegeräte zerstörten.
Rechtswidrige Tötungen
Es wurde keine Untersuchung der Tötung von Elzira dos Prazeres Manuel Zonga und der Verletzung von Esperança José Manuel am 23. August durch Schüsse von PNA-Beamt*innen angekündigt. Die Beamt*innen versuchten, eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Gruppen im Stadtteil Rangel in Luanda zu beenden. Die beiden Frauen hatten sich nicht an der Gewalt beteiligt. Ein*e Polizeibeamt*in wurde bei den Zusammenstößen ebenfalls schwer verletzt.
Verschwindenlassen von Personen
Nach Angaben der Deutschen Welle News und des UNTRA-Generalsekretärs Leonardo Marcos sind zwei UNTRA-Mitglieder am 11. März „verschwunden“. Es wird vermutet, dass sie von SIC- und DIIP-Beamten entführt wurden, nachdem sie das Büro von Radio Iglesias in Luanda verlassen hatten, wo sie zu einem für den 23. März geplanten Protest gegen die hohen Lebenshaltungskosten und die anhaltende Inhaftierung politischer Gefangener interviewt wurden. Ihr Schicksal und ihr Verbleib blieben bis zum Jahresende unbekannt.
Recht auf Nahrung
Die Menschen in den Provinzen Cunene, Huila und Namibia hatten mit einer schweren Dürre zu kämpfen, die durch die langfristigen Auswirkungen von El Niño verursacht wurde. Die landwirtschaftliche Produktion war beeinträchtigt. Es wurde erwartet, dass etwa 5 % der angolanischen Bevölkerung, insbesondere Frauen und Kinder, im Laufe des Jahres von Ernährungsunsicherheit betroffen sein würden. Die von der Regierung geplanten Kürzungen der Treibstoffsubventionen dürften die Situation noch verschlimmern, da es keine ausreichenden sozialen Schutzmaßnahmen gibt. Die lokalen Behörden in der Gemeinde Cahama in der Provinz Cunene bauten zwar Dämme, um den Zugang zu Wasser zu verbessern, und verteilten widerstandsfähiges Saatgut, um das Defizit in der landwirtschaftlichen Produktion auszugleichen, doch reichten diese Maßnahmen nicht aus. Daher wanderten weiterhin Hunderte von Menschen aus der Provinz Cunene nach Namibia ab.
[1] “Angola: Immediately release activists wrongfully jailed for one year and denied medical care”, 16 September