Australien
Berichtszeitraum | 1.1.2024 – 31.12.2024 |
Englischer Originaltext | Australia |
Weitere Online-Dokumente von Amnesty International Deutschland | Australien |
Die Diskriminierung von Aborigines und indigenen Bewohner*innen der Torres-Strait-Inseln war weiterhin an der Tagesordnung. Kinder wurden bereits ab dem Alter von zehn Jahren inhaftiert. Neue Migrationsgesetze erhöhten das Risiko einer unbefristeten Inhaftierung oder Zurückweisung (Refoulment) sowie anderer Menschenrechtsverletzungen in Haft. Gesetze gegen friedlichen Protest wurden eingesetzt, um das Recht auf Versammlungsfreiheit einzuschränken. Die Genehmigung neuer Projekte zur Gewinnung fossiler Brennstoffe festigten Australiens Status als einer der führenden Produzenten fossiler Brennstoffe.
Rechte indigener Völker
Aborigines und indigene Bewohner*innen der Torres-Strait-Inseln waren weiterhin benachteiligt. Das National Agreement on Closing the Gap legt 19 Ziele fest, wie die Kluft zwischen indigenen und nicht-indigenen Australier*innen überwunden werden soll. Nur fünf der in dem nationalen Abkommen festgelegten 19 Ziele wurden erreicht. Bei vier Zielvorgaben verschlechterte sich die Situation sogar. Dazu zählten die Inhaftierungsraten sowohl von Aborigines als auch von Torres Strait-Insulaner*innen, die Zahl der Kinder, die außerhalb ihrer Familien untergebracht waren, sowie die Selbstmordrate unter den First-Nations-Völkern.
Im Laufe des Jahres starben achtzehn indigene Menschen in Haft.
Indigene Frauen waren in unverhältnismäßig hohem Maße von häuslicher Gewalt betroffen. Die Täter, die für Verbrechen an vermissten und ermordeten indigenen Frauen und Kindern verantwortlich waren, wurden häufig nicht zur Rechenschaft gezogen.
Kinderrechte
Im Northern Territory wurde das Strafmündigkeitsalter von zwölf auf zehn Jahre gesenkt. Körperliche Zwangsmaßnahmen wie „Spuckhauben“ wurden wieder eingeführt – das sind haubenförmige Stoffüberzüge, die Informationen der Ban Spit Hoods Coalition zufolge über den kompletten Kopf gezogen werden und angeblich verhindern sollen, dass Sicherheitskräfte oder medizinisches Personal von den Kindern und Jugendlichen angespuckt oder gebissen werden..1 Queensland führte im Rahmen der Politik “Erwachsenen-Verbrechen, Erwachsenen-Strafmaß” (adult crime, adult time) härtere Strafen für Kinder ein. Im Juni hob Victoria das Strafmündigkeitsalter auf zwölf Jahre an, nahm aber Pläne zurück, dieses auf 14 Jahre anzuheben.
In Westaustralien starben drei Aboriginal Jungen im Jugendstrafvollzug. 2 Obwohl indigene Kinder nur 5,7 % der Bevölkerung im Alter zwischen 10 und 17 Jahren ausmachen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie unter die Ägide des Jugendstrafrechts fallen, 23mal höher, und die Wahrscheinlichkeit, dass sie in Haft kommen, 28mal höher als für andere.
Rechte von Geflüchteten und Migrant*innen
Die rechtswidrige Flüchtlingspolitik wurde fortgesetzt, einschließlich der unbefristeten Inhaftierung von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Australien und außerhalb (offshore) in Nauru. Ende des Jahres befanden sich über 100 Geflüchtete und Asylsuchende auf Nauru.
Im Mai wies das Hohe Gericht die Anfechtungsklage eines iranischen Asylsuchenden (bekannt als ASF17) ab. Er war seit 2013 inhaftiert und hatte eine Verfolgung aufgrund seiner Sexualität im Rahmen eines fehlerhaften Schnellprüfungsverfahrens geltend gemacht. Da er nicht in den Iran abgeschoben werden konnte, drohte ihm eine unbefristete Inhaftierung in Australien. Das Urteil hat Auswirkungen auf bis zu 200 Personen, die unter ähnlichen Umständen in Einwanderungshaft gehalten werden.
Ende November wurden drei neue Migrationsgesetze verabschiedet, die erweiterte Befugnisse zur Abschiebung und Inhaftierung von Geflüchteten und Migrant*innen, auch in Drittländer, sowie neue Befugnisse zur Beschlagnahmung von Handys in Gewahrsam beinhalten. 3
Rechte von Menschen mit Behinderungen
Im Juli veröffentlichte die Königliche Kommission zu den Rechten von Menschen mit Behinderungen (Disability Royal Commission) einen Bericht mit über 200 Empfehlungen. Nur 13 dieser Empfehlungen wurden vollständig akzeptiert, weitere 117 wurden “im Grundsatz” angenommen. Die Regierung stimmte weder der Abschaffung von Sonderschulen zu, noch der von Gruppenheimen oder der Trennung am Arbeitsplatz, noch folgte sie der Empfehlung zur Verabschiedung neuer Gesetze zum besseren Schutz von Menschen mit Behinderungen. Befürchtungen wurden laut, dass sich dies für Menschen mit Behinderungen negativ auf das Recht auf Wohnen, das Recht auf Bildung sowie das Recht auf Arbeit auswirken würde.
Recht auf eine gesunde Umwelt
Die Regierung baute ihre Projekte für fossile Brennstoffe weiter aus und rangierte bei den erschlossenen Gasreserven unter den ersten 20 Ländern weltweit. Australien zählte zudem zu den neun Ländern, die für 90 % der weltweiten Kohleproduktion verantwortlich sind. Australien plante, die Kohle- und Gasproduktion bis 2030 um mehr als 5 % zu steigern: eine Steigerung, die nicht mit den globalen Klimaverpflichtungen vereinbar ist. Es gab keinen klaren Plan für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen oder die Einschränkung ihrer Förderung. Die Beiträge zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen wurden als vollkommen unzureichend bewertet.
Recht auf Versammlungsfreiheit
Gesetze zur Einschränkung des Rechts auf friedlichen Protest wurden gegen Klimaaktivist*innen und gegen Demonstrierende eingesetzt, die gegen den Krieg in Gaza protestierten. 4 Am 25. Juni stoppte die Polizei in Newcastle (New South Wales) einen Klimaschützer, der versuchte, Züge zu behindern, und nahm mindestens 26 Personen fest. Im November wurden über 170 Personen festgenommen, weil sie vorübergehend Kohleschiffe blockiert hatten. Studierende und Aktivist*innen, die sich für die Menschenrechte der Palästinenser*innen einsetzten, waren Verhaftungen, Polizeigewalt und Schikanen ausgesetzt. Die Universität von Sydney führte eine Regelung ein, wonach Studierende vor Protesten eine Genehmigung beantragen müssen. An der Universität von Melbourne wurden Videoüberwachungsaufnahmen und Wi-Fi-Standortdaten als Beweismittel bei Anhörungen wegen Fehlverhaltens gegen Demonstrierende verwendet.
Nach Zusammenstößen mit der Polizei wurden im September Kriegsgegner*innen vor einer großen Verteidigungswaffen-Messe in Melbourne verhaftet. Die Polizei feuerte Gummigeschosse auf die Demonstrierenden ab.
Links mit weiterführenden Informationen
- Mehr Informationen auf der Website des Menschenrechtsnetzwerkes Ban Spit Hoods
- “Australia: Death of 17 year old Aboriginal boy in WA youth detention a shameful, preventable tragedy”, 30 August ↑
- “Australia: Labor’s new migration laws deliver a dangerous setback for rights of refugees and people seeking asylum”, 2 December ↑
- “Australia: Police attempts to block protests go against government’s human rights obligations, say civil liberties and community groups”, 2 October ↑