Bahrain

Königreich Bahrain

Berichtszeitraum 1.1.2024 – 31.12.2024
Englischer Originaltext Bahrain
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Bahrain unterdrückte weiterhin das Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit, unter anderem durch willkürliche Verhaftungen und Reiseverbote. Das Recht auf friedliche Versammlung wurde nicht in vollem Umfang gewahrt. Friedlich und gewaltvoll Demonstrierende wurden gemeinsam in Gruppen vor Gericht gestellt. Die angeführten Beweise in den unfairen Prozessen waren nicht glaubwürdig und beinhalteten auch Aussagen von Kindern, die das Gericht als Geständnisse wertete.

Hintergrund

In drei königlichen Begnadigungen ließ Bahrain am 8. April, 15. Juni und 4. September 2.586 Gefangene frei. Unter ihnen befanden sich mehr als 750 Personen, die nach Angaben schiitischer Oppositionsgruppen aus politischen Gründen inhaftiert waren. Bei der Begnadigung am 8. April wurde auch der Menschenrechtsverteidiger und gewaltlose politische Gefangene Naji Fateel begnadigt. Andere prominente Menschenrechtsverteidiger wie Abdulhadi Al-Khawaja und Abduljalil Al-Singace blieben jedoch weiterhin willkürlich inhaftiert.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Regierungskritiker*innen waren in Bahrain weiterhin Festnahmen und strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt. Am 5. Mai eröffneten die Behörden ein Strafverfahren gegen den Menschenrechtsaktivisten Ali al-Hajee. Er hatte friedlich gegen ein willkürliches Reiseverbot protestiert, das die Behörden ihm nach seiner Haftentlassung im Jahr 2023 auferlegt hatten.[1] Die Entlassung aus dem Gefängnis war nach Verbüßung einer zehnjährigen Haftstrafe wegen seiner Beteiligung an friedlichen Protesten erfolgt. Ali al-Hajee wurde am 29. Mai freigesprochen und das Reiseverbot im August aufgehoben.

Die Behörden setzten die im November 2023 begonnenen strafrechtlichen Ermittlungen gegen Jasim Hussein Al Abbas fort, die sich auf einen von ihm verfassten Blogbeitrag über die Hinwendung Bahrains zum Islam stützten. Unter dem Vorwurf, „falsche historische Informationen zu verbreiten“, verhängten die Behörden ein willkürliches Reiseverbot gegen ihn, das das ganze Jahr über fortbestand. Trotz wiederholter Nachfragen verweigerten die Behörden Jasim Hussein Al Abbas Auskünfte darüber, welche Regierungsbehörde für die Verhängung des Reiseverbots zuständig war oder wie er es anfechten könnte.

Am 25. März verhafteten die Behörden Ebrahim Sharif aus der Führungsriege der verbotenen Oppositionspartei Wa’d. Grund dafür waren Beiträge in den Sozialen Medien, in denen er die Regierung dafür kritisierte, dass sie Staatseinnahmen in das Unternehmen McLaren Automotive und nicht in den öffentlichen Wohnungsbau investiere. Er wurde am 28. März freigelassen, aber die Behörden stellten die strafrechtlichen Ermittlungen nicht förmlich ein, so dass es im Ermessen der Behörden liegt, weitere Anklagen in diesem Fall zu erheben. Dies war bereits Ebrahim Sharifs zweite Verhaftung wegen seiner politischen Äußerungen im Internet binnen weniger als einem Jahr.

Am 30. Juli verhafteten das Innenministerium und die Staatsanwaltschaft Hasan al-Hayeki, Jamsheer Fairouz, Husain ‚Id, Sayed Mohamed al-‚Alawi und Saleh Sahwan, weil sie in der Nacht des 16. Juli eine Versammlung organisiert hatten, auf der die Teilnehmenden politische Slogans skandierten wie: „Wir fordern die Freilassung der Gefangenen!“ Hasan al-Hayeki wurde am 3. September freigelassen, die mit ihm Verhafteten am 22. September.

Willkürlicher Entzug der Staatsbürgerschaft

Am 10. Juli entzog das Kassationsgericht Mohamed Rafeeq al-Husaini, Abgeordneter des ersten Wahlbezirks des Gouvernements al-Muharraq, seinen Sitz im Unterhaus, der gewählten Kammer des bahrainischen Parlaments. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass Mohamed Rafeeq al-Husaini sowohl die pakistanische als auch die bahrainische Staatsangehörigkeit besitzt. Pakistan erkennt ihn jedoch nicht als pakistanischen Staatsbürger an; zudem hatte er jahrzehntelang in Bahrain mit bahrainischer Staatsangehörigkeit gelebt. Im August entzog das Kassationsgericht Mohamed Rafeeq al-Husaini die bahrainische Staatsangehörigkeit und er wurde nach Pakistan abgeschoben. Die Regierung Bahrains ging gegen Mohamed Rafeeq al-Husaini vor, nachdem er am 30. April die Freilassung von Ali Salman, Generalsekretär der verbotenen Oppositionspartei al-Wefaq, aus dem Gefängnis gefordert hatte. Ali Salman, aus Sicht von Amnesty International ein gewaltloser politischer Gefangener, verbüßt wegen seiner politischen Aktivitäten eine lebenslange Haftstrafe.

Recht auf friedliche Versammlung

Die Behörden nahmen weiterhin friedlich Demonstrierende und unbeteiligte Zuschauende fest, verfolgten sie strafrechtlich in unfairen Verfahren und inhaftierten sie. Am 25. März wurden sieben Angeklagte wegen ihrer Teilnahme an einer propalästinensischen Demonstration im Dorf Sanabis am 2. November 2023 verurteilt. Das Gericht verhängte gegen alle sieben Angeklagten Haftstrafen, obwohl es keine glaubwürdigen Beweise dafür gab, dass sie eine international als Straftat anerkannte Handlung begangen hatten (siehe unten).

Obwohl Bahrain Gefangene in großer Zahl begnadigte und freiließ, befanden sich weiterhin zehn Anführer der Massenproteste gegen die Regierung im Jahr 2011 willkürlich in Haft, darunter Aktivisten und gewaltlose politische Gefangene. Das Urteil gegen die zehn Männer, die vor einem Militärgericht unter anderem wegen „Bildung von Terrorgruppen zum Sturz des Regimes und zur Änderung der Verfassung“ verurteilt worden waren, wurde in einem Berufungsverfahren im September 2012 bestätigt.

Unfaire Gerichtsverfahren

In Strafverfahren wurde weiterhin häufig gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstoßen. In Fällen, in denen bei Demonstrationen angeblich Gewalt gegen die Polizei angewandt worden war, wurden die Angeklagten in der Regel in Gruppen vor Gericht gestellt, was zu Gruppenurteilen führte und das Recht auf die Feststellung der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit untergrub.

Im Februar und März wurden beispielsweise drei Erwachsene und drei Kinder in einem gemeinsamen Verfahren angeklagt, an einer propalästinensischen Demonstration in dem Dorf Karzakkan am 17. November 2023 teilgenommen zu haben. Einige der Demonstrierenden waren gewalttätig gegen die Polizei vorgegangen, während andere friedlich demonstriert hatten. In dem separaten Verfahren gegen sieben Angeklagte im Zusammenhang mit der propalästinensischen Demonstration in Sanabis am 2. November 2023 bestanden die einzigen Beweise, die für ihre Verurteilung herangezogen wurden, aus Aussagen von Beamt*innen des Innenministeriums und der Behauptung, fünf der Angeklagten hätten bei der Vernehmung gestanden. Vier der fünf als Geständnisse bezeichneten Aussagen stammten von Kindern, von denen zwei 15 Jahre alt waren.

Rechte von Inhaftierten

Als Reaktion auf die im März begonnenen langen Sitzstreiks der Insassen des Jaw-Gefängnisses schränkten die Behörden die Telefonanrufe und Besuche der Streikenden ein und schalteten in den Gebäuden, in denen sie untergebracht waren, die Stromversorgung ab. Dies umfasste auch das Abschalten der Klimaanlage im Sommer bei Temperaturen von 44 bis 46 Grad Celsius.

Wie bereits in den Jahren zuvor wurde den Gefangenen und ihren Familien regelmäßig der Zugang zu ihren Krankenakten verweigert.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Während der UN-Klimakonferenz COP29 im November kündigte der Ölminister Bahrains an, dass das Land seine Emissionen bis zum Jahr 2035 um 30 Prozent reduzieren und bis 2060 das Netto-Null-Emissionsziel erreichen wolle. Im Februar hatte Bahrain jedoch ein Darlehen in Höhe von 500 Millionen US-Dollar (etwa 440 Millionen Euro) beantragt, um die Öl- und Gasförderung um 400 neue Ölquellen und 30 Gasquellen zu erweitern.

[1] Bahrain: Human rights activist faces trial in further prosecution for protesting travel ban

 

17. Juni 2025