Plurinationaler Staat Bolivien
Berichtszeitraum | 1.1.2024 – 31.12.2024 |
Englischer Originaltext | Bolivia |
Weitere Online-Dokumente von Amnesty International Deutschland | Bolivien |
Angriffe auf und Schikanen gegen Menschenrechtsverteidiger*innen wurden fortgesetzt. Die Behörden versäumten es, das Recht der Indigenen Völker auf Selbstbestimmung und freie, vorherige und informierte Zustimmung vollständig zu gewährleisten. Die Wahlen von Richter*innen wurden hinausgezögert. Die Maßnahmen der Behörden reichten nicht aus, um die Waldbrände zu bekämpfen, die ein Rekordniveau erreichten.
Hintergrund
Viele Menschen sind nach wie vor mit sozioökonomischen Hindernissen konfrontiert ihr Recht auf Gesundheit, Nahrung, Wasser usw. wahrzunehmen.
Beim Versuch eines Aufstandes im Juni fuhr der Generalkommandant der Armee mit bewaffneten Fahrzeugen zum Regierungspalast; er wurde kurz darauf zusammen mit anderen Kollaborateur*innen verhaftet.
Menschenrechtsverteidiger*innen
Die Behörden versagten beim Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen, die weiterhin stigmatisiert, schikaniert und angegriffen wurden. Die Verteidiger*innen von Territorium, Land und Umwelt waren besonders gefährdet. Aufsichtspersonal, das den Madidi-Nationalpark schützen soll, wurde weiterhin bedroht und angegriffen. Im August wurden der Menschenrechtsverteidiger Waldo Albarracín Sánchez und seine Familie aufgrund ihrer langjährigen Menschenrechtsarbeit körperlich bedroht.
Die Arbeit der Ständigen Versammlung für Menschenrechte in Bolivien, einer NGO in der Hauptstadt La Paz, wurde weiterhin erhebliche behindert. Ihr Büro wurde nach wie vor von Gruppen besetzt, die mit den politischen Machthaber*innen in Verbindung stehen, und von Polizeibeamt*innen blockiert, was die normale Fallarbeit und die Aufgaben der Organisation beeinträchtigte. Menschenrechtsorganisationen wiesen auf die besondere Gefährdung von Aktivist*innen hin, die bei der Erfassung von Daten über Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger*innen im Allgemeinen nicht berücksichtigt wurden.
Rechte Indigener Völker
Obwohl die Regierung den ILO-Pakt 169 ratifiziert hat (Konvention zu Rechten Indigener Völker), hat sie es versäumt, sinnvolle Verfahren umzusetzen, um die freie, vorausgehende und informierte Zustimmung der Indigenen Völker zu Bergbauprojekten zu gewährleisten, die ihr Territorium betreffen, oder ihr Recht auf Selbstbestimmung zu respektieren oder den Besitzanspruch auf ihr Land und Territorium sicherzustellen. Der CERD-Ausschuss (Ausschuss zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung) äußerte seine “Besorgnis über die mutmaßliche Verletzung des verfassungsmäßigen Rechts auf vorherige Konsultation der Gemeinde Ayllu Acre Antequera”, einer Indigenen Gemeinde, die von Bergbauaktivitäten in ihrem Gebiet betroffen ist.
Recht auf ein faires Verfahren
Der UN-Sonderberichterstatter für die Unabhängigkeit von Richter*innen und Anwält*innen und die OAS (Organisation amerikanischer Staaten) äußerten sich besorgt über das Recht auf unabhängige und unparteiische Richter*innen, nachdem sich die Wahlen zur Justiz (Richterwahlen) um mehr als ein Jahr verzögert hatten. Die Wahlen wurden teilweise am 15. Dezember abgehalten.
Recht auf eine gesunde Umwelt
Die gesetzgebende Versammlung erzielte einige Fortschritte, indem sie eine Reihe von Gesetzen abschaffte, die die Abholzung von Wäldern und die Ausweitung unternehmerischer Aktivitäten wie Viehzucht, industrielle Landwirtschaft und Bergbauprojekte erlaubten. Dennoch haben die Behörden versäumt, entscheidende Maßnahmen zur Bekämpfung von Waldbränden zu ergreifen und somit, entgegen den internationalen Verpflichtungen Boliviens in Bezug auf Kohlenstoffemissionen, versagt,. Die Brände erreichten im August und September Rekordwerte und gefährdeten unter anderem das Recht der Menschen auf Wohnraum, Gesundheit und Bildung. [1]
Rechte von Frauen und Mädchen
Die Staatsanwaltschaft berichtete, dass zwischen Januar und Dezember 84 Frauenmorde registriert wurden.
[1]Americas: Open letter to South American presidents on wildfires – Amnesty International