Finnland

Republik Finnland

Berichtszeitraum 1.1.2024 – 31.12.2024
Englischer Originaltext Finland
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Kürzungen im Bereich der sozialen Sicherung  und der Gesundheitsfürsorge betrafen unverhältnismäßig stark marginalisierte Gruppen. Gesetzliche Änderungen schwächten den Schutz in der Einwanderungs- und Asylpolitik. Die Polizei setzte unnötige Gewalt ein, um einen Klimaprotest aufzulösen. Sechs Nichtregierungsorganisationen verklagten die Regierung wegen mangelnder Klimaschutzmaßnahmen. In einem neuen  Aktionsplan gegen Rassismus fehlten gesetzlichen Maßnahmen gegen Hassreden und Hassverbrechen. Neue Gesetze stellen Zwangsheirat und weibliche Genitalverstümmelung unter Strafe.

Wirtschaftliche und soziale Rechte

Die Regierung setzte ihre Sparmaßnahmen in Form von Kürzungen bei den Sozialversicherungen und im Gesundheitswesen fort. Diese betrafen in unverhältnismäßiger Weise Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, Menschen mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit aufgrund gesundheitlicher Probleme, Alleinerziehende, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen und junge Erwachsene. Erhebliche Kürzungen der Sozialversicherungen gefährdeten das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard für diejenigen, die bereits über ein geringes Einkommen verfügen, und erhöhten den Bedarf an Sozialhilfe als letztem Mittel. Durch die Kürzungen im Gesundheitswesen wurde die Zugänglichkeit und Finanzierbarkeit von Dienstleistungen für diejenigen, die auf die öffentliche Gesundheitsversorgung angewiesen waren, eingeschränkt.

Rechte von Geflüchteten und Migrant*innen

Im Laufe des Jahres führte die Regierung mehrere Gesetzesänderungen ein, mit denen bestehende Schutzmaßnahmen in der Migrations- und Asylpolitik zurückgenommen wurden. Dazu gehörten Änderungen, die den internationalen Schutz vorübergehend machen, Asylbewerber*innen daran hindern, eine Aufenthaltsgenehmigung aus anderen Gründen als Asyl zu beantragen – beispielsweise eine Arbeits- oder Studienerlaubnis-, die Ausweitung der Inhaftierung von Migrant*innen und die Erhöhung der Anforderungen für Familienzusammenführung und Staatsbürgerschaft. Die Änderungen wurden übereilt eingeführt und es gab keine Bewertung ihrer kombinierten Auswirkungen auf die Rechte von Asylbewerber*innen, Flüchtlingen und Migrant*innen.

Mit Berufung  auf den Vorwurf des Versuches Russlands, Asylbewerber*innen und Migrant*innen zu “instrumentalisieren”, hielt die Regierung alle Grenzübergänge an der russischen Grenze geschlossen. Der Bau eines Zauns an der Ostgrenze wurde fortgesetzt, um zu verhindern, dass Migrant*innen in Situationen “instrumentalisierter Migration” nach Finnland gelangen.

Im Juli verabschiedete das Parlament ein Notstandsgesetz, das es der Regierung erlaubt, die Annahme von Asylanträgen an der Grenze einzuschränken, den Grenzschutzbeamt*innen zusätzliche Befugnisse zur Verhinderung der Einreise, auch unter Anwendung von Gewalt, zu erteilen und jegliche echte Möglichkeit des Einspruchs zu verweigern.

Freiheit der friedlichen Versammlung

Im Juni und September löste die Polizei in der Hauptstadt Helsinki friedliche Klimaproteste auf, die den Verkehr behinderten, und nahm Dutzende von friedlichen Demonstrierenden fest, nachdem diese einem Auflösungsbefehl nicht gefolgt waren. Im Juni ging die Polizei bei der Auflösung einer Straßensperre in Helsinki mit unnötiger Gewalt gegen friedliche Klimaprotestler*innen vor.

Ein friedliches Protestcamp, das sich mit den Palästinenser*innen solidarisierte und auf dem Universitätscampus in Helsinki errichtet worden war, wurde im Juni von der Polizei aufgelöst. Zuvor hatte die Universitätsverwaltung beschlossen, das Camp zu verbieten.

Die Polizei erkannte die Rolle unabhängiger Protestbeobachter*innen nicht immer an und übernahm nicht immer die Verantwortung für deren Schutz und die Erleichterung ihrer Arbeit.

Die Polizei legte die Verpflichtungen des Versammlungsgesetzes für Organisator*innen von Demonstrationen nicht einheitlich aus. Die Anforderungen waren von Region zu Region unterschiedlich.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Im August reichten Amnesty International und fünf weitere Nichtregierungsorganisationen beim Obersten Verwaltungsgericht eine Klage gegen die unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen der Regierung ein und argumentierten, dass diese das finnische Netto-Null-Ziel für das Jahr 2035 gefährden.[1]

Die Regierung reduzierte ihre Klimafinanzierung für Länder mit niedrigem Einkommen deutlich.

Diskriminierung

Im März kritisierten 33 Nichtregierungsorganisationen, darunter Amnesty International, die Regierung für zahlreiche Maßnahmen, unter anderem in der Migrations-, Sozial- und Gesundheitspolitik, die strukturellen Rassismus und Diskriminierung vertieften. Der im September veröffentlichte Aktionsplan der Regierung zur Bekämpfung von Rassismus und zur Förderung der Gleichstellung enthielt keine gesetzlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus, Hassreden und Hassverbrechen.

Rechte von LGBTI-Personen

Eine Initiative von Büger*innen, die ein Verbot von Bekehrungspraktiken vorschlug, blieb im Rechtsausschuss des Parlaments anhängig.

Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt

Im November verabschiedete das Parlament zwei Gesetzentwürfe zur Kriminalisierung von Zwangsheirat und Genitalverstümmelung bei Mädchen unter 18 Jahren.

Im Dezember verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das die Mediation in Fällen von Gewalt in Paarbeziehungen und sexueller Gewalt verbietet. Damit soll sichergestellt werden, dass diese Fälle zu angemessenen strafrechtlichen Sanktionen führen.

Rechte indigener Völker

Ende des Jahres lag ein Gesetzentwurf zur Reform des Sámi-Parlaments im Verfassungsrechtsausschuss des Parlaments vor. Ziel der Reform ist es, die Rechte der Sámi besser zu schützen.

[1] “Finland’s famous climate target under threat – NGOs take the state to court”, 29 August

17. Juni 2025