Gambia

Republik Gambia

Berichtszeitraum 1.1.2024 – 31.12.2024
Englischer Originaltext Gambia
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Das Parlament hat das Verbot der Genitalverstümmelung von Frauen aufrechterhalten, aber die Praxis ist immer noch weit verbreitet. Der Kinderhandel für die sexuelle Ausbeutung und die Kinderarbeit auf der Straße gaben weiterhin Anlass zur Sorge. Die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung waren weiterhin stark eingeschränkt. Mehr als ein Viertel der Bevölkerung war von Ernährungsunsicherheit betroffen. Bei der Rechenschaftspflicht für Verbrechen, die unter dem ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh begangen wurden, wurden Fortschritte erzielt.

Hintergrund

Im August veröffentlichte die Regierung einen Entwurf für eine neue Verfassung, dessen Erstellung Kritik wegen mangelnder Transparenz und Konsultation nach sich zog. Im Dezember wurde der Entwurf dennoch in die Nationalversammlung eingebracht.

Die Zahl der Todesopfer unter den Migrant*innen auf See ist weiterhin hoch. In den ersten fünf Monaten des Jahres starben fast 5.000 Migrant*innen – darunter auch Gambier*innen – bei dem Versuch, die Kanarischen Inseln zu erreichen.

Frauen und Mädchenrechte

Das Gesetz über Sexualdelikte schließt Vergewaltigung in der Ehe weiterhin als Straftatbestand aus, obwohl es Forderungen aus der Zivilgesellschaft gab, sie unter Strafe zu stellen.

Im März wurde im Parlament ein Gesetzentwurf eingebracht, mit dem das Verbot der weiblichen Genitalverstümmelung aufgehoben werden sollte.[1] Am 15. Juli lehnte das Parlament den Gesetzentwurf ab, nachdem Aktivist*innen und Überlebende auf die negativen gesundheitlichen Folgen dieser Praxis hingewiesen hatten.[2] UNICEF berichtete, dass schätzungsweise 73 % der gambischen Mädchen und Frauen im Alter zwischen 15 und 49 Jahren einer Genitalverstümmelung unterzogen worden waren.

Die Müttersterblichkeit war mit 289 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten nach den neuesten Statistiken des Programms für demografische und gesundheitliche Erhebungen (2019-2020) weiterhin hoch. Im Februar gab der Vorstand des Bansang General Hospital in der Central River Division bekannt, dass zwischen 2016 und 2020 146 Frauen aufgrund von gesundheitlichen Komplikationen im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft gestorben sind.

Der Bericht „Global Gender Gap 2024“ des Weltwirtschaftsforums zeigte, dass das Land nur langsam Fortschritte in Richtung Geschlechterparität macht. Gambia stieg auf Platz 110 von 146 Ländern, verglichen mit Platz 119 im Jahr zuvor. Die Geschlechterparität in den Bereichen Bildung, politische Partizipation und Gesundheit ist jedoch weiterhin gering. Im November brachte der Präsident das Engagement seiner Regierung für die Gleichstellung der Geschlechter zum Ausdruck, als er die nationale 10-Jahres-Gleichstellungspolitik Gambias (2025-2034) vorstellte.

Kinderrechte

Im Januar bekräftigte der Minister für Gleichstellung, Kinder und Soziales das Engagement der Regierung für die Förderung der Kinderrechte und kündigte die zweite Phase des Projekts zur Unterstützung des Schutzes von Kindern an, die Opfer von Rechtsverletzungen geworden sind. Sie umfasst einen Plan zur Unterstützung von Kindern mit Behinderungen und zur Stärkung regionaler Kinderschutzmechanismen. Kinder, die auf der Straße arbeiten, sind jedoch weiterhin der Gefahr des Missbrauchs ausgesetzt und haben keinen Zugang zu Bildung. Im September warnte der Direktor von Samaritana Gambia, einer NGO, die sich um die Opfer des Menschenhandels kümmert, vor einem Wiederaufleben des Kinderhandels für die sexuelle Ausbeutung im Land.

Recht auf freie Meinungsäußerung, Informationsfreiheit und friedliche Versammlung

Laut dem Weltindex für Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen ist Gambia in Afrika von Platz fünf im Vorjahr auf Platz 10 und weltweit von Platz 46 auf Platz 58 zurückgefallen. Drakonische Mediengesetze, die das Recht auf freie Meinungsäußerung einschränken – wie das Gesetz über Aufwiegelung – blieben in Kraft.

Im März äußerte die Pressegewerkschaft Gambias Bedenken gegen das Gesetz über Cyberkriminalität von 2023, das Ende des Jahres in der Nationalversammlung anhängig war. Die Begründung war, dass es vage Abschnitte enthält, die zu Missbrauch und Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung im Internet führen könnten. Im April richtete die Regierung die Kommission für den Zugang zu Informationen ein, und im September wurden die Kommissionsmitglieder vereidigt.

Im April wurden acht Aktivis*innten verhaftet und sieben Stunden lang festgehalten und anschließend wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“, „ungesetzlicher Versammlung“ und „Ungehorsam gegenüber rechtmäßigen Anordnungen“ angeklagt, nachdem sie einen Sitzprotest gegen die Unterbrechung des Fährbetriebs und angebliche Korruption geplant hatten.

Im September wurden zwei Journalisten der Zeitung The Voice wegen falscher Veröffentlichung und Verbreitung von Nachrichten angeklagt, nachdem die Zeitung einen Artikel veröffentlicht hatte, in dem behauptet wurde, der Präsident habe seinen Nachfolger für die nächsten Präsidentschaftswahlen ausgewählt. Im November ließ der Präsident die Zivilklage fallen, die er gegen einen der Journalisten und The Voice wegen Verleumdung eingereicht hatte. Im Dezember wurde das Strafverfahren zurückgezogen.

Der Menschenrechtsverteidiger Madi Jobarteh sah sich Ende des Jahres immer noch von Strafverfolgung bedroht, unter anderem wegen „falscher Veröffentlichung und Verbreitung“ von regierungskritischen Facebook-Posts aus dem Jahr 2023.

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum betrifft vor allem sozial schwache Menschen. Im Juli kündigte der Minister für Land, Regionalverwaltung und religiöse Angelegenheiten Pläne zum Bau von 10 000 erschwinglichen Wohnungen bis Dezember 2025 und von 200 000 in den nächsten zehn Jahren an, um die Krise zu bewältigen.

Aktivist*innen und Parlamentarier*innen äußerten sich besorgt über die zunehmenden Auswirkungen der Droge Kush auf die Gesundheit junger Menschen und forderten ein Eingreifen der Regierung.

Auch die Ernährungssicherheit gab weiterhin Anlass zur Sorge. Laut dem Bericht über die nationale Erhebung zur Ernährungssicherheit 2023 waren 29 % der Menschen in Gambia im Jahr 2023 von Ernährungsunsicherheit betroffen, ein Anstieg um 3 % gegenüber 2022. Darüber hinaus beeinträchtigte der illegale Fischfang durch ausländische Trawler den Lebensunterhalt der einheimischen Fischer und führte zu einem Mangel an Fisch für den lokalen Verbrauch. Im März wurden acht Trawler wegen Verstößen gegen die Fischereigesetze festgesetzt. Im August hielt die Regierung einen Workshop mit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen ab und richtete eine technische Arbeitsgruppe ein, um die Kommunikation zwischen den Behörden zu erleichtern und das Problem anzugehen.

Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung

Bei der Aufarbeitung der unter dem ehemaligen Präsidenten Yahya Jammeh begangenen Verbrechen gab es Fortschritte.

Im April verabschiedete die Nationalversammlung das Gesetz über einen besonderen Rechenschaftsmechanismus. Damit wurden die Wahrheits-, Versöhnungs- und Wiedergutmachungskommission (TRRC) eingerichte. Außerdem wurde das Gesetz über die Sonderstaatsanwaltschaft verabsciedet, mit dem das Amt des Sonderstaatsanwalts geschaffen wurde. Mit beiden Gesetzen wurde die Grundlage für die strafrechtliche Verfolgung der im TRRC-Bericht festgestellten schweren Menschenrechtsverletzungen geschaffen. Am 15. Dezember billigte die Behörde der Staats- und Regierungschefs der ECOWAS das Statut des „Sondertribunals für Gambia“, eines hybriden Gerichts mit gambischem und internationalem Personal und einem Mandat zur Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Folter und anderen schweren Verbrechen aus der Zeit des Jammeh-Regimes. Im Mai verurteilte das Bundesstrafgericht der Schweiz den ehemaligen Innenminister Ousman Sonko wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 20 Jahren Haft.

Im August erließ der ECOWAS-Gerichtshof ein Urteil, in dem die ghanaische Regierung aufgefordert wurde, wichtige Informationen über die Folter und Ermordung westafrikanischer Staatsangehöriger in Gambia im Jahr 2005 zu veröffentlichen.

Das Gambia Center for Victims of Human Rights Violations (Gambia Zentrum für Opfer von Menschenrechtsverletzungen) äußerte seine Enttäuschung über einen Mangel an gerichtsmedizinischem Personal, um die 2019 exhumierten Leichen der Opfer des Staatsstreichs vom 11. November 1994 und anderer Opfer zu identifizieren.

Im August wurde ein ehemaliger General und mutmaßliches Mitglied der „Junglers“, einer paramilitärischen Einheit, die außergerichtlicher Tötungen unter der Regierung von Yahya Jammeh verdächtigt wird, verhaftet.

[1] “Gambia: Parliament must not lift the ban against female genital mutilation”, 15 March

[2] “Gambia: Continued ban on FGM is good news but authorities must urgently address its root causes”, 15 July

17. Juni 2025