Japan

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Berichtszeitraum 1.1.2024 – 31.12.2024
Englischer Originaltext Japan
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Ein Mann, der vor über 50 Jahren zum Tode verurteilt worden war, wurde in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen. Zwei positive Gerichtsentscheide brachten die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe näher. Ein Gericht entschied, dass ein Gesetz, nach dem Tausende von Menschen, darunter auch Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten, zwangssterilisiert wurden, verfassungswidrig war und dass die Opfer entschädigt werden sollten. Japans Unterstützung für Flüssigerdgasprojekte untergrub die weltweiten Bemühungen um einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen.

Todesstrafe

Am 26. September sprach das Bezirksgericht von Shizuoka den 1968 wegen Mordes zum Tode verurteilten Iwao Hakamada in einem Wiederaufnahmeverfahren frei. Der vorsitzende Richter stellte fest, dass die Ermittlungsbehörden in seinem ursprünglichen Verfahren Beweise gefälscht hatten. Vor seiner vorläufigen Freilassung im Jahr 2014 hatte der 88-Jährige über 45 Jahre in der Todeszelle verbracht, die meiste Zeit davon in Einzelhaft. Der Freispruch von Iwao Hakamada verstärkte die Forderung nach Abschaffung der Todesstrafe. [1]

Rechte von LGBTI-Personen

Im März entschied das Oberste Gericht von Sapporo in der allerersten höchstrichterlichen Entscheidung zur gleichgeschlechtlichen Ehe, dass die Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs und des Familienregistergesetzes, die die gleichgeschlechtliche Ehe nicht anerkennen, verfassungswidrig sind. [2] Im Oktober entschied das Oberste Gericht von Tokio, dass das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe verfassungswidrig ist, weil es gegen Artikel 14 Absatz 1 und Artikel 24 Absatz 2 der Verfassung verstößt, die sich auf Diskriminierung und das Recht auf freie Wahl des Ehepartners beziehen. [3]

Im Juli erteilte das Oberste Gericht von Hiroshima einer Klägerin die Erlaubnis, ihr Geschlecht legal zu ändern, ohne sich einer Operation zu unterziehen. Zuvor hatte der Oberste Gerichtshof im Jahr 2023 ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt, wonach sich Transgender-Personen einer Sterilisation unterziehen müssen, um ihr Geschlecht im Familienregister ändern zu können.

Rechte von Menschen mit Behinderungen

Im Juli entschied der Oberste Gerichtshof, dass das frühere Eugenik-Schutzgesetz, das die Zwangssterilisation von Menschen mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten vorsah, verfassungswidrig war. In dem Urteil heißt es, dass den Opfern von Zwangssterilisationen Schadensersatz zugesprochen werden sollte. Die Regierung entschuldigte sich daraufhin und erklärte sich bereit, den Opfern und ihren Ehepartner*innen eine Entschädigung von bis zu 15 Millionen JPY (101.311 USD) zu zahlen. Die Regierung verpflichtete sich außerdem, weitere Opfer zu entschädigen, die sich noch nicht gemeldet hatten, darunter viele ältere Menschen.

Die Regierung räumte ein, dass 16 500 Menschen nach diesem Gesetz zwangssterilisiert wurden, bevor es 1996 abgeschafft wurde.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Von der Regierung geförderte Flüssigerdgasprojekte in Übersee waren schätzungsweise für ein Viertel der weltweiten LNG-Lieferungen verantwortlich, was Japan enorme Gewinne einbrachte, aber die weltweiten Bemühungen um eine Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen untergrub.

Die Japanische Bank für Internationale Zusammenarbeit, die sich zu 100 % im Besitz der japanischen Regierung befindet, leitete im Februar eine interne Untersuchung darüber ein, ob sie bei der Finanzierung von LNG-Projekten auf den Philippinen gegen ihre eigenen Umweltrichtlinien verstoßen hat. Im April fanden in mindestens sieben Ländern Demonstrationen statt, und 95 internationale Nichtregierungsorganisationen unterzeichneten eine Petition, in der sie ein Ende der finanziellen Unterstützung Japans für Projekte mit fossilen Brennstoffen in Übersee und der daraus resultierenden Schäden für die Umwelt und die betroffenen Gemeinden forderten.

Der Climate Action Tracker stufte Japans Finanzbeiträge zur Bekämpfung des Klimawandels als “höchst unzureichend” ein, da die Höhe der Beiträge im Vergleich zum Anteil, den Japan fairerweise zahlen müsste, zu gering ist.

Unternehmensverantwortung

Im März tauchten neue Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs durch Mitarbeiter der Talentagentur Johnny and Associates Entertainment auf. Im Jahr 2023 entschuldigte sich das Unternehmen für die sexuelle Ausbeutung und den Missbrauch junger Talente durch seinen verstorbenen Gründer und richtete eine Entschädigungsregelung ein. Im Mai veröffentlichte die UN-Arbeitsgruppe für Wirtschaft und Menschenrechte einen Abschlussbericht über ihren Besuch in Japan im Jahr 2023, in dem sie zwar die Maßnahmen des Unternehmens begrüßte, aber feststellte, dass diese nicht ausreichten, um die Bedürfnisse der Opfer zu befriedigen, einschließlich des Bedarfs an psychologischer Betreuung. Bis Dezember hatten von den 1.011 Opfern, die einen Antrag gestellt hatten, nur 538 eine Entschädigungsregelung erreicht.

Rechte von Geflüchteten und Migrant*innen

Drakonische Einwanderungsgesetze, die eine unbefristete und willkürliche Inhaftierung von Asylbewerber*innen und anderen Migrant*innen ermöglichen, blieben in Kraft. Die Familie von Wishma Sandamali, einer srilankischen Staatsangehörigen, die 2021 in einer Haftanstalt für Einwanderer in Nagoya starb, bemühte sich weiterhin um Informationen über ihren Tod und um Wiedergutmachung dafür. Ein von ihrer Familie im Jahr 2022 angestrengter Zivilprozess, in dem sie von der Regierung 156 Millionen JPY (1,04 Millionen USD) Schadensersatz mit der Begründung forderte, dass ihr in der Haft die medizinische Versorgung verweigert wurde, war am Jahresende noch nicht abgeschlossen. [4]

[1] “Japan: Acquittal of man who spent 45 years on death row pivotal moment for justice, 26 September

[2] Japan: Groundbreaking same-sex marriage rulings a long-awaited victory for LGBTI rights”, 14 March

[3] Japan: Momentum for marriage equality grows with Tokyo High Court ruling”, 30 October

[4] Japan must reform its refugee and immigration system to avoid further tragedies”, 6 March

 

17. Juni 2025