Kamerun

Republik Kamerun

Berichtszeitraum 1.1.2024 – 31.12.2024
Englischer Originaltext Cameroon
Weitere Online-Dokumente von Amnesty International Deutschland Kamerun

Behördenkritische Personen wurden strafrechtlich verfolgt und mit Einschränkungen ihres Rechts auf Freizügigkeit bedroht, und Journalist*innen wurden von Sicherheitskräften eingeschüchtert. Anglophone Führer*innen, Aktivist*innen und Journalist*innen sowie Aktivist*innen der Opposition wurden willkürlich festgenommen. Bewaffnete Separatist*innen verübten Morde und Angriffe auf Schulen in den Regionen North-West und South-West, und bewaffnete Gruppen töteten Zivilpersonen in der Region Extrême-Nord.

Hintergrund

Ein Jahr vor den Präsidentschaftswahlen 2025 nahmen die politischen Spannungen zu; die bewaffneten Konflikte und die Gewalt in den Regionen Extrême-Nord, North-West und South-West hielten an. Mehr als 580.000 Menschen wurden durch bewaffnete Gewalt in den Regionen North-West und South-West vertrieben. Im September verhaftete die norwegische Polizei Lucas Cho Ayaba, einen der wichtigsten anglophonen Separatistenführer, wegen des Verdachts der Anstiftung zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Kamerun.

Zwischen Januar und Oktober waren in der Region Extrême-Nord 356.730 Menschen von den Überschwemmungen betroffen, wobei mindestens 30 Menschen ums Leben kamen.

Recht auf freie Meinungsäußerung

In einem Erlass vom 16. Juli erklärte der leitende Bezirksdirektor des Bezirks Mfoundi, einem geografischen Bereich, zu dem auch die Hauptstadt Jaunde gehört, dass „jeder, der die [staatlichen] Institutionen oder deren Repräsentanten in gefährlicher Weise beleidigt“, mit einem Aufenthaltsverbot in Mfoundi belegt werden könne. Zwei Tage später gab der Kommunikationsminister eine Pressemitteilung heraus, in der er erklärte, dass „es nicht hinnehmbar ist, dass sich Landsleute (…) respektlos“ über den Präsidenten Paul Biya äußern, „der von seinen Mitbürgern frei und mit überwältigender Mehrheit gewählt wurde“.

Junior Ngombe, ein Friseur und Social-Media-Aktivist, wurde am 31. Juli von einem Militärgericht gegen Kaution freigelassen, nachdem er sieben Tage im Staatssekretariat für Verteidigung in Jaunde festgehalten worden war, wohin er nach seiner Verhaftung in Douala am 24. Juli verlegt worden war. Er hatte in sozialen Medien Videos geteilt, in denen er die kamerunische Jugend aufforderte, sich für die anstehenden Präsidentschaftswahlen zu registrieren, und in denen er die Herrschaft der regierenden Partei über das Land kritisierte.

Der kamerunische Aktivist Yves Kibouy Bershu, bekannt als Ramon Cotta, wurde am 19. Juli in Gabun verhaftet und am 23. Juli ohne bekanntes rechtliches oder diplomatisches Verfahren nach Kamerun überstellt. Er wurde „der Rechtfertigung des Verbrechens des Separatismus, des illegalen Erwerbs von Kriegswaffen, der Missachtung von Verfassungsorganen und des Fehlens eines Personalausweises“ angeklagt und am 9. Oktober in das Zentralgefängnis Kondengui in Jaunde in Untersuchungshaft überführt. In Videos, die er in sozialen Medien veröffentlicht hatte, kritisierte er die kamerunischen Behörden und die kamerunische Botschaft in Gabun.

Am 3. Oktober gab die Nationale Journalist*innengewerkschaft Kameruns eine Erklärung ab, in der sie den Druck von Sicherheitskräften auf Medien anprangerte, „um diejenigen zum Schweigen zu bringen, die Kritik an den Behörden äußern“.

Aufgrund von Gerüchten über den Gesundheitszustand des Präsidenten verbot der Minister für territoriale Verwaltung am 9. Oktober in einem an die Gouverneure des Landes gerichteten Schreiben „jegliche Debatte in den Medien über den Zustand des Präsidenten der Republik“.

Vereinigungsfreiheit

Am 6. Dezember erließ der Minister für territoriale Verwaltung einen Erlass, der die Tätigkeit mehrerer Organisationen, darunter das Central Africa Human Rights Defenders Network, für drei Monate verbot bzw. aussetzte und sich dabei u.a. auf den Vorwurf der „illegalen Finanzierung“ stützte.

Willkürliche Inhaftierung

Dutzende anglophone Personen blieben willkürlich inhaftiert, nachdem sie von Militärgerichten im Zusammenhang mit bewaffneter Gewalt in den anglophonen Regionen verurteilt worden waren. Darunter waren der Journalist Thomas Awah Junior, die Protestführer Mancho Bibixy, Tsi Conrad und Penn Terence Khan sowie zehn politische Führer*innen, darunter Sisiku Julius Ayuk Tabe. Die UN-Arbeitsgruppe gegen willkürliche Inhaftierungen betrachtete ihre Inhaftierung als willkürlich und forderte die kamerunischen Behörden auf, sie freizulassen.

Kingsley Njoka, ein freiberuflicher Journalist aus der anglophonen Region North-West, der 2020 verhaftet, zunächst in Isolationshaft gehalten und des Separatismus sowie der Mitgliedschaft in einer bewaffneten Gruppe beschuldigt worden war, wurde am 24. September von einem Militärgericht zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Einundvierzig Aktivist*innen und Oppositionsführer*innen waren weiterhin willkürlich inhaftiert, nachdem sie von Militärgerichten wegen ihrer Teilnahme an einer Demonstration am 22. September 2022 verurteilt worden waren, die von der Oppositionspartei Cameroon Renaissance Movement organisiert worden war.

Gewalt durch bewaffnete Gruppen

Regionen North-West und South-West

In den beiden anglophonen Regionen verübten echte oder mutmaßliche bewaffnete Separatist*innen weiterhin Morde, Geiselnahmen zur Lösegelderpressung sowie andere Erpressungen. Sie richteten sich gegen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte, politische und administrative Behörden sowie Beamt*innen und andere Zivilpersonen, denen sie vorwarfen, sich nicht an ihre Regeln zu halten, darunter Lockdowns und eine „Befreiungssteuer“.

Am 11. Februar tötete eine selbst hergestellte Bombe während der Cameroon Youth Celebrations in Nkambe in der Region North-West eine Person und verletzte mehr als 100 weitere. Am 26. Mai wurden bei einem Granatenangriff auf eine Bar in Bamenda in der Region North-West zwei Menschen getötet und 41 verletzt.

Am 20. Mai wurden der Bürgermeister von Belo, Bezirk Boyo, Region North-West, sein Stellvertreter und ein Grundschulinspektor erschossen. Am 26. Oktober wurde der zweite stellvertretende Bürgermeister von Bamenda II entführt und ermordet.

Region Extrême-Nord

In der Region Extrême-Nord dauerte der bewaffnete Konflikt zwischen staatlichen Kräften und bewaffneten Gruppen an. Bewaffnete Gruppen, die der Provinz Westafrika des Islamischen Staates und Jamatu Ahli Al-Sunna lil Da’wa Wal Jihad angehören, die beide von der bewaffneten Gruppe Boko Haram stammen, griffen nach Angaben von Sicherheitsquellen weiterhin Zivilpersonen in Dörfern entlang der Grenze zu Nigeria und auf Inseln im Tschadsee an, begingen Plünderungen und töteten und entführten Zivilpersonen.

In der Nacht vom 1. auf den 2. Januar wurden bei einem Angriff in Bargaram in der Gemeinde Hile-Alifa vier Menschen getötet, acht entführt und zwei Häuser in Brand gesetzt. Drei kamerunische Mitarbeiter der französischen NGO Première Urgence Internationale, die am 10. Januar im Bezirk Kolofata entführt worden waren, wurden am 19. April freigelassen. Im Juni wurden 13 Kinder, Frauen und Männer aus der Fischergemeinschaft in Mourdas entführt. Im Oktober wurden etwa 15 Fischer in Darak entführt und vier Zivilpersonen in Kalguiwa getötet.

Rechtswidrige Tötungen

Nach Angaben von kamerunischen NGOs wurden Verteidigungs- und Sicherheitskräfte in den Regionen North-West und South-West beschuldigt, Menschen rechtswidrig getötet zu haben, die der Kollaboration mit bewaffneten Separatistengruppen verdächtigt wurden. Die Regierung reagierte nicht auf Vorwürfe der rechtswidrigen Tötungen, darunter die Tötung von vier Zivilpersonen in Mamfe im April während einer Militäroperation.

Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung

Es wurden keine Informationen über eine Untersuchung des Mordes an dem Journalisten Jean-Jacques Ola Bébé im Februar 2023 in Jaunde veröffentlicht. Am 9. September gab das Militärgericht von Jaunde öffentlich die Anschuldigungen gegen 17 Angeklagte bekannt, die im Zusammenhang mit dem Mord an dem Journalisten Martinez Zogo im Januar 2023 in Jaunde vor Gericht standen.

30. Juli 2025