Kosovo

Republik Kosovo

Berichtszeitraum 1.1.2024 – 31.12.2024
Englischer Originaltext Kosovo
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Gegen ehemalige Militäroffiziere wurden neue Urteile wegen Kriegsverbrechen während des Konflikts von 1998-99 verhängt. Die Umsetzung eines Kooperationsabkommens mit Serbien zur Auffindung von 1.600 seit dem Konflikt vermissten Personen kam nicht voran. Das Parlament hat es versäumt, ein Gesetz zu verabschieden, das den Zugang zu In-vitro-Fertilisationsbehandlungen (IVF) in öffentlichen Krankenhäusern ermöglicht. Es wurden keine Fortschritte bei der Zulassung gleichgeschlechtlicher Paare zur Gründung von Lebenspartnerschaften erzielt.

Hintergrund

Der Antrag des Kosovo auf Mitgliedschaft im Europarat kam zum Stillstand, wodurch die Bürger*innen des Landes weiterhin keinen Zugang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte haben. Das Ministerkomitee des Europarats verschob seine Abstimmung über die Mitgliedschaft des Kosovo, nachdem das Kosovo in letzter Minute die Forderung einiger Mitgliedsländer abgelehnt hatte, zuerst eine Vereinigung der Gemeinschaften mit serbischer Mehrheit zu gründen, wie es im Brüsseler Abkommen zwischen dem Kosovo und Serbien von 2013 vorgesehen war.

Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung

Im Februar und April hat das Grundgericht von Pristina drei ehemalige Angehörige der serbischen Polizei- und Streitkräfte wegen Kriegsverbrechen verurteilt, die 1999 in den Regionen Pristina und Istog begangen wurden. Dushko Arsiq, Ekrem Bajroviq und Çaslav Joliq erhielten Haftstrafen in Höhe von 13, 12 bzw. acht Jahren.

Im Juli verurteilte das Kosovo-Sondergericht in Den Haag den ehemaligen Angehörigen der Kosovo-Befreiungsarmee (UÇK) Pjetër Shala wegen der Kriegsverbrechen der willkürliche Verhaftung, Folter und Mord im Jahr 1999 zu 18 Jahren Haft. Im September änderte das Berufungsgremium das Urteil gegen Salih Mustafa, einen Befehlshaber der Kosovo-Befreiungsarmee, der wegen willkürlicher Inhaftierung, grausamer Behandlung, Folter und Mord angeklagt war, von 22 auf 15 Jahre Haft.

Verschwindenlassen

Mehr als 1.600 Personen aus dem Kosovo-Konflikt von 1998-99 werden immer noch vermisst, und die Täter, die mit ihrem Verschwinden in Verbindung gebracht werden, bleiben weiterhin straffrei. Ein Abkommen zwischen dem Kosovo und Serbien aus dem Jahr 2023 über die Zusammenarbeit bei der Suche nach Personen, die zwischen dem 1. Januar 1998 und dem 31. Dezember 2000 verschwunden waren, wurde aufgrund der angespannten Beziehungen zwischen den beiden Ländern nicht umgesetzt.

Sexuelle Gewalt in Kriegszeiten

Das kosovarische Rehabilitationszentrum für Folteropfer forderte die Regierung auf, die bestehende Frist im Jahr 2025 für die Beantragung des Status eines “Opfers sexueller Kriegsgewalt”, der eine Entschädigung von 230 EUR pro Monat vorsieht, aufzuheben. Bis Oktober hatte eine im Jahr 2018 eingerichtete Regierungskommission diesen Status 1.688 von 2.018 Antragstellern zuerkannt.

Rechte von Frauen und Mädchen

Der Zugang zu IVF-Behandlungen ist weiterhin nur in Privatkliniken möglich, nachdem ein weiterer Versuch des Parlaments gescheitert war, ein Gesetz zur reproduktiven Gesundheit zu verabschieden, das IVF-Behandlungen in öffentlichen Krankenhäusern erlaubt. Die Debatte wurde von einigen Abgeordneten mit Desinformation und Hassreden gegen alleinstehende Frauen begleitet.

Rechte von LGBTI+

Die Regierung hat es versäumt, eine neue Abstimmung über die Reform des Zivilgesetzbuchs vorzuschlagen, die vom Parlament 2022 abgelehnt wurde und die den Weg für die Eintragung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften geebnet hätte. LGBTI-Überlebende häuslicher Gewalt hatten trotz der Zusagen der Behörden keinen Zugang zu spezialisierten Schutzunterkünften.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Im Juli verabschiedete das Parlament ein neues Gesetz über die unabhängige Medienkommission, obwohl Organisationen der Zivilgesellschaft und internationale Gremien kritisierten, dass die Maßnahme eine staatliche Lizenzierung und Kontrolle der Online-Medien einführen würde, ohne Schutzmaßnahmen zu bieten. Das Verfassungsgericht überprüfte Ende des Jahres die Rechtmäßigkeit des Gesetzes, wobei eine endgültige Entscheidung noch aussteht.

Rechte von Geflüchteten und Migrant*innen

Im Mai billigte das Parlament ein Abkommen mit Dänemark über die Vermietung von 300 Gefängniszellen an ausländische Staatsangehörige, die in Dänemark wegen Straftaten verurteilt wurden und nach Ablauf ihrer Strafe abgeschoben werden sollen. Die Gebühren würden es dem Kosovo ermöglichen, über einen Zeitraum von 10 Jahren 210 Millionen Euro in erneuerbare Energien zu investieren. Das kosovarische Rehabilitationszentrum für Folteropfer äußerte sich besorgt über die begrenzte öffentliche Konsultation zu dem Projekt und den unzureichenden Platz im Gefängniskomplex.

17. Juni 2025