Republik Kroatien
Berichtszeitraum | 1.1.2024 – 31.12.2024 |
Englischer Originaltext | Croatia |
Weitere Online-Dokumente von Amnesty International Deutschland | Kroatien |
Strategische Klagen gegen die Beteiligung der Öffentlichkeit bedrohten die Medienfreiheit. Der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen blieb eingeschränkt. Femizid wurde zu einem Straftatbestand. Opfer von Vergewaltigungen während des Krieges stießen auf Hindernisse beim Zugang zu ihren Rechten. Rom*nja wurden weiterhin bei der Wohnungssuche und im Bildungswesen diskriminiert.
Freiheit der Meinungsäußerung
Strategische Klagen gegen die Beteiligung der Öffentlichkeit (SLAPPs) stellen nach wie vor eine ernsthafte Bedrohung der Medienfreiheit dar. Laut einer Studie des kroatischen Journalist*innenverbands wiesen 40 % der über 1.300 Klagen, die in den letzten acht Jahren gegen Medien und Journalist*innen erhoben wurden, darunter auch von hochrangigen Amtsträger*innen, Elemente einer SLAPP auf.
Trotz wiederholter Aufrufe zur Entkriminalisierung von Verleumdung blieb sie ein Straftatbestand und wurde sowohl für straf- als auch zivilrechtliche Klagen gegen Journalist*innen verwendet. Die Menschenrechtsorganisation Artikel 19 warnte davor, dass diese Praxis „den Journalismus erstickt“.
Im März verabschiedete das Parlament einen neuen Straftatbestand der „unbefugten Weitergabe von Informationen aus laufenden strafrechtlichen Ermittlungen“. Obwohl die Gesetzgebung Journalist*innen und Veröffentlichungen von „öffentlichem Interesse“ ausdrücklich ausnahm, bezeichneten Medienorganisationen dies als Verstoß gegen internationale Standards zur Meinungsfreiheit.
Im September bezeichnete die NGO Media Freedom Rapid Response den Zustand der Medienfreiheit als „alarmierend“.
Sexuelle und reproduktive Rechte
Frauen und Schwangere waren weiterhin mit Hindernissen beim Zugang zu Abtreibungsdiensten konfrontiert, da sich Ärzt*innen und Kliniken häufig weigerten, Abtreibungen aus Gewissensgründen vorzunehmen. Vor allem in ländlichen und wirtschaftlich benachteiligten Gebieten waren Abtreibungen nach wie vor unzugänglich.
Gewalt gegen Frauen und Mädchen
Im März führte das Parlament Femizid als separaten Straftatbestand ein und verhängte längere Strafen für Vergewaltigung, neben anderen Maßnahmen zur Stärkung der Rechte der Opfer.
Gruppen der Zivilgesellschaft stellten fest, dass trotz der Gesetzesänderungen nur selten Verurteilungen wegen Femizid erfolgten, und forderten die Regierung auf, die Aufklärungs- und Präventionsprogramme zu verstärken.
Im Jahr 2024 registrierten die Behörden 17 Fälle von Femizid. Häusliche Gewaltdelikte nahmen im Vergleich zu 2023 um 9 % zu. Die Ombudsperson für die Gleichstellung der Geschlechter sagte, dass die Dauer der Strafverfahren und die milden Strafen viele Frauen davon abhalten, Gewalt anzuzeigen.
Ein Gynäkologe im Osjek-Krankenhaus arbeitete sechs Monate lang weiter, nachdem er in erster Instanz wegen Vergewaltigung einer Patientin verurteilt worden war und damit einen öffentlichen Aufschrei ausgelöst hatte. Er wurde schließlich im September entlassen. Die Ombudsperson forderte die Regierung auf, dringend Gesetzesänderungen vorzunehmen, um sicherzustellen, dass Personen, die wegen bestimmter Straftaten, einschließlich Vergewaltigung, angeklagt oder verurteilt wurden, nicht in Gesundheitseinrichtungen beschäftigt werden können.
Recht auf Privatsphäre
Die Ombudsperson forderte die Behörden auf, dafür zu sorgen, dass das neue Gesetz über das zentrale Melderegister, dessen Verabschiedung durch das Parlament noch aussteht, solide Garantien für den Datenschutz und den Schutz vor Diskriminierung enthält.
Rechte von Geflüchteten und Migrant*innen
Im September bestätigte das Verwaltungsgericht in der Hauptstadt Zagreb die Inhaftierung von Vladislav Arinichev, einem russischen Antikriegsaktivisten, der in Kroatien Asyl beantragt hatte. Im Juli hatten die Behörden seinen Antrag abgelehnt, nachdem der staatliche Nachrichtendienst ihn aufgrund seiner öffentlichen Kritik an den Bedingungen in einem Aufnahmezentrum für Asylbewerber*innen zu einer Gefahr für die nationale Sicherheit erklärt hatte. Vladislav Arinichev wurde schließlich im Oktober nach 106 Tagen in Haft freigelassen.
Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung
Die meisten Opfer sexueller Gewalt in Kriegszeiten wurden nicht für einen Sonderstatus registriert, der ihnen bestimmte Sozialleistungen und Unterstützung garantiert, da das Antragsverfahren mit Hindernissen verbunden war und unter anderem eine aufwändige Dokumentation erforderte. Nach Angaben von Bürgerrechtsorganisationen stellten weniger als 15 % der Berechtigten einen Antrag.
Im August forderte die Nichtregierungsorganisation Youth Initiative for Human Rights die Behörden von Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Serbien auf, zusammenzuarbeiten, um den Opfern eines Flüchtlingsmassakers im Jahr 1995, bei dem die kroatische Luftwaffe 14 serbische Geflüchtete in der Nähe der bosnischen Stadt Petrovac tötete, Zugang zu Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu verschaffen.
Der UN-Menschenrechtsausschuss forderte Kroatien auf, die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern zu verstärken, um mutmaßliche Täter*innen, die Verbrechen im Sinne des humanitären Völkerrechts begangen haben, ausfindig zu machen und vor Gericht zu stellen, und sicherzustellen, dass die Opfer und ihre Familien für die Menschenrechtsverletzungen voll entschädigt werden.
Im Februar unterzeichnete Kroatien die Konvention von Ljubljana und Den Haag über die internationale Zusammenarbeit bei der Untersuchung und Verfolgung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und anderen internationalen Verbrechen.
Diskriminierung
LGBTI+
Für die rechtliche Anerkennung des Geschlechts war weiterhin eine Diagnose der psychischen Gesundheit oder ein psychologisches Gutachten erforderlich. Der Menschenrechtskommissar des Europarats forderte die Behörden auf, diese Bedingungen aufzuheben, da sie die “Pathologisierung von Trans-Personen” aufrechterhalten.
Rom*nja
Rom*nja leben nach wie vor in getrennten Vierteln und informellen Siedlungen ohne angemessene Infrastruktur und mit begrenztem Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen.
Die Einschulungsrate von Rom*nja-Kindern in der Vorschule war niedrig, und sie besuchten in der Regel ethnisch getrennte Klassen oder spezielle Bildungsprogramme, was zu hohen Abbrecherquoten führte.
Im Juli forderte der UN-Menschenrechtsausschuss Kroatien auf, seine Bemühungen zu verstärken, um die De-facto-Segregation der Rom*nja zu beseitigen und einen diskriminierungsfreien Zugang zu angemessenem Wohnraum, Bildung und grundlegenden Dienstleistungen zu gewährleisten.
Recht auf eine gesunde Umwelt
Im Juni kündigte die Regierung an, dass bis 2030 mehr als 75 % der gesamten Stromerzeugungskapazitäten aus erneuerbaren Quellen stammen sollen und dass der aktualisierte nationale Energie- und Klimaplan des Landes ehrgeiziger sein wird.