Republik Kuba
Berichtszeitraum | 1.1.2024 – 31.12.2024 |
Englischer Originaltext | Cuba |
Weitere Online-Dokumente von Amnesty International Deutschland | Kuba |
Die Sozialleistungen wurden reduziert, und die Menschen hatten Schwierigkeiten, an Lebensmittel und Medikamente zu gelangen. Das Recht auf freie Meinungsäußerung wurde weiterhin eingeschränkt. Willkürliche Verhaftungen und die Kriminalisierung von Aktivist*innen, Menschenrechtsverteidige*innen, Journalist*innen und Demonstrant*innen hielten an. Die Inhaftierten wurden schikaniert und misshandelt. Frauen, afro–amerikanische Bevölkerungsgruppen und lesbische, schwule, bisexuelle, trans und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) wurden weiterhin diskriminiert.
Hintergrund
Im Juli ergab eine unabhängige Studie, dass die Bevölkerung in den letzten zwei Jahren um 18 Prozent zurückgegangen ist, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass die Menschen das Land verlassen und dabei oft gefährliche Wege nehmen.
Es wurden mehrere Gesetzesänderungen verabschiedet, die sich auf die Existenz und Arbeitsweise der so genannten “neuen privaten Wirtschaftsformen” auswirken und das Wachstum des Sektors sowie die Wirtschafts- und Beschäftigungsmöglichkeiten einschränken und den Zugang zu den von ihnen angebotenen Grundbedarfsgütern und Dienstleistungen einschränken.
Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
Die Änderungen in der Wirtschaftspolitik und die Kürzung der Sozialleistungen betrafen besonders schutzbedürftige Menschen, vor allem die über 65-Jährigen. Medienberichten zufolge wurde das Angebot an subventionierten “Grundnahrungsmittelkörben” von der Regierung erheblich reduziert, und die Menschen mussten sich in lange Schlangen einreihen, um an Lebensmittel zu gelangen. Im September kürzte die Regierung die subventionierten Brotrationen aufgrund eines Mangels an Zutaten.
Die Gesundheitsdienste und der Zugang zu Medikamenten waren stark eingeschränkt. Im Juli berichteten offizielle Medien wie Granma (Zentralorgan des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas), dass die Behörden einen erheblichen Mangel an Arzneimitteln in den Apotheken einräumten.
Der Zugang zu Strom und Treibstoff war eingeschränkt, was zu Schwierigkeiten bei der Konservierung von Lebensmitteln und zur Aussetzung von Bildungs- und Gesundheitsdiensten führte. Im Oktober und November kam es nach Angaben der Regierung zu drei Totalausfällen der nationalen Stromversorgung. Weite Teile des Landes waren bis zu 96 Stunden lang ohne Strom, was Millionen von Menschen stark beeinträchtigte.
Freiheit der Meinungsäußerung
Im Oktober trat das „Gesetz über soziale Kommunikation“ in Kraft, das das Recht auf freie Meinungsäußerung weiter einschränkt.
Die Behörden bezeichneten Aktivist*innen und Journalist*innen weiterhin als “gewöhnliche Kriminelle, Söldner*innen und ausländische Agent*innen” und nannten unabhängige Medien, Journalist*innen und einflussreiche Personen, die die staatliche Politik kritisieren, “Finanz- und Medienterroristen”.
Im Oktober kam es zu einer neuen Welle staatlicher Repressionen gegen unabhängige Medien. Mindestens 20 Journalist*innen und Aktivist*innen berichteten, dass ihre Mobiltelefone und Laptops von Staatsbeamt*innen beschlagnahmt wurden und dass ihnen mit strafrechtlicher Verfolgung gedroht wurde.
Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen
Künstler*innen, Intellektuelle und andere kritische Stimmen wurden von den Behörden willkürlich festgenommen, auch in ihren Wohnungen, was schwerwiegende Auswirkungen auf ihre Privatsphäre und ihr Recht auf Bewegungsfreiheit hatte.
Im Juni wurde die Wissenschaftlerin Alina Bárbara López auf dem Weg in die Hauptstadt Havanna willkürlich und gewaltsam festgenommen.
Berta Soler, die Anführerin der Aktivistengruppe “Damen in Weiß” (damas de blanco), wurde mehrmals willkürlich festgenommen und war drei Tage lang im September unter gewaltsamen Umständen verschwunden.
Freiheit der friedlichen Versammlung
Die Behörden setzten regelmäßig Polizeikräfte in Gebieten ein, in denen Proteste stattgefunden hatten, sowie in anderen wichtigen Gebieten wie Havanna.
Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen wurden im Jahr 2024 mindestens 109 Personen wegen ihrer Teilnahme an Protesten inhaftiert. [1] Im November meldeten die Behörden die Verhaftung und strafrechtliche Verfolgung mehrerer Personen wegen ihrer Teilnahme an den Protesten nach dem Wirbelsturm Rafael unter dem Vorwurf der Missachtung, öffentlichen Störung und Beschädigung.
Im April wurden 14 Personen wegen ihrer Teilnahme an friedlichen Protesten im August 2022 in der Gemeinde Nuevitas verurteilt. Die Anklage lautete auf Aufwiegelung, “fortgesetzte Feindpropaganda” und Handlungen gegen die Staatssicherheit. Nach den vorliegenden Informationen wurde die härteste Strafe von 15 Jahren Haft gegen eine junge Frau, Mayelín Rodríguez Prado, verhängt, die wegen Aufwiegelung und Feindpropaganda angeklagt wurde, weil sie die Proteste auf Facebook gestreamt hatte.
Menschenrechtsverteidiger*innen
Zu den repressiven Maßnahmen gegen Andersdenkende gehörten die Kriminalisierung und Schikanierung von Aktivist*innen, Journalist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen, die Abschaltung des Internets und Geldstrafen im Rahmen der Cybersicherheitsgesetzgebung. [2]
Die Behörden setzten Menschenrechtsaktivist*innen und -verteidiger*innen, einschließlich Angehörige von Gefangenen, besorgniserregenden Schikanen und Überwachungen aus.
Zu den anhaltenden Repressionen gegen Aktivist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen, Künstler*innen und Journaliste*innen gehören Ausreiseverbote und Zwangsexil.
Im Juni wurde Yuri Valle Roca, der wegen seiner Arbeit als unabhängiger Journalist zu fünf Jahren Haft wegen “fortgesetzter Feindpropaganda” verurteilt worden war, freigelassen und gezwungen, das Land zu verlassen.
Unmenschliche Haftbedingungen
Es gab besorgniserregende Muster von Menschenrechtsverletzungen gegenüber Personen, die wegen ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der Regierung inhaftiert waren, einschließlich einiger Praktiken, die Folter darstellen könnten.
Menschenrechtsorganisationen berichteten über Schikanen und Misshandlungen von Personen, die aus politischen Gründen inhaftiert waren, durch Gefängnisbeamt*innen, einschließlich der Verweigerung einer angemessenen medizinischen Versorgung, was zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands der Inhaftierten führte.
Der Gesundheitszustand der gewaltlosen politischen Gefangenen Loreto Hernández und Pedro Albert verschlechterte sich, und ihre Familien berichteten über erhebliche Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten. [3] Im November wurde Pedro Albert aus gesundheitlichen Gründen zu einer einjährigen „strafrechtlich nicht relevanten („extra-penal“) Beurlaubung entlassen.
Der gewaltlose politische Gefangene und Oppositionsführer José Daniel Ferrer wurde monatelang in Einzelhaft gehalten und von den anderen Gefangenen isoliert, und seiner Familie wurde systematisch das Recht verweigert, ihn zu besuchen. Im November berichtete seine Familie, dass er Opfer einer brutalen Schlägerei wurde. Im Dezember, nach einem Hungerstreik, gestatteten die Behörden seiner Familie Besuchsrechte und Telefonate, und er wurde in einen Bereich mit anderen Gefangenen verlegt.
Diskriminierung
Frauen, lesbische, schwule, bisexuelle, trans und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) und Menschen afro-amerikanischer Abstammung wurden weiterhin diskriminiert, ebenso wie andere Personen aus politischen und religiösen Gründen.
Femizid wurde weiterhin nicht als spezifisches Verbrechen gesetzlich anerkannt. Im Juli genehmigte die Regierung ein nationales System zur “Registrierung, Beachtung, Weiterverfolgung und Überwachung” von geschlechtsspezifischer Gewalt im Lande. Aktivisten und unabhängige Organisationen meldeten bis zum 25. Dezember 55 Femizide.
[1] “Cuba: Three years after the protests of 11-12 July 2021: authorities must release those unjustly imprisoned and repeal repressive laws”, 7 July
[2] Cuba: Amnistía Internacional nombra cuatro personas como presas de conciencia en medio de una nueva ola de represión estatal