Malaysia

Malaysia

Berichtszeitraum 1.1.2024 – 31.12.2024
Englischer Originaltext Malaysia

Die Regierung nutzte weiterhin bestehende Gesetze, um abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen, und führte Gesetzesänderungen ein, die das Recht auf freie Meinungsäußerung weiter einschränkten. Flüchtlinge und Migrant*innen wurden auf unbestimmte Zeit inhaftiert. Die Zahl der Todesurteile ging zurück, nachdem deren Verhängung in Ermessen gestellt wurde, wurde jedoch für Drogendelikte beibehalten. Es gab immer wieder Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen in Haftanstalten für Einwanderer*innen sowie Berichte über Todesfälle in Haft.

Freiheit der Meinungsäußerung

Die Regierung weitete Gesetze aus, die das Recht auf freie Meinungsäußerung in unangemessener Weise einschränken, und kündigte an, dass sie weder das Presse- und Veröffentlichungsgesetz (Printing Press and Publication Act) noch das Gesetz über Volksverhetzung (Sedition Act) ändern oder aufheben werde. Im Dezember verabschiedete die Regierung im Eiltempo Änderungen des Kommunikations- und Multimedia-Gesetzes (Communications and Multimedia Act, CMA), die die Meinungsfreiheit weiter einschränkten, anstatt sie aufzuheben. Zuvor hatte die Regierung im Wahlkampf für die Parlamentswahlen 2022 versprochen, dass alle diese Gesetze überarbeitet würden. Die Behörden setzten weiterhin repressive Gesetze ein, darunter das CMA und das Gesetz gegen Volksverhetzung (Sedition Act) ein, um abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen.[1]

Im Januar wurden sowohl der Regisseur als auch der Produzent des verbotenen Films „Mentega Terbang“gemäß dem Strafgesetzbuch wegen angeblicher “Verletzung religiöser Gefühle” angeklagt. Das Rechtsverfahren gegen das Verbot des Films durch die Regierung war zum Jahresende noch nicht abgeschlossen.

Im Juni wurde der Menschenrechtsverteidiger Mukmin Nantang wegen Volksverhetzung verhaftet, nachdem er gegen die Vertreibung der Indigenen – Gemeinschaft Bajau Laut- protestiert hatte. Trotz seiner Freilassung wurde gegen ihn weiter ermittelt. [2]

Im Dezember wurde der Künstler Fahmi Reza wegen einer Karikatur gegen den Gouverneur von Sabah, Musa Aman, der zuvor wegen Korruption angeklagt war, wegen Volksverhetzung verhaftet und für einen Tag in Untersuchungshaft genommen.

Die Regierung schränkte weiterhin Inhalte in den sozialen Medien ein, indem sie Löschungsanordnungen   an soziale Medienplattformen erteilte. Die Behörden verabschiedeten neue Maßnahmen und führten ein Gesetz zur Online-Sicherheit ein, um gegen Cybermobbing vorzugehen, aber diese Änderungen gaben Anlass zu Bedenken hinsichtlich künftiger Zensur.[3] Im Dezember protestierten Menschenrechtsgruppen gegen die Regierung, weil sie im Schnellverfahren Änderungen am CMA vornahm, die die Befugnisse zur willkürlichen Regulierung von Inhalten erweiterten. [4]

Versammlungfreiheit

Die Behörden griffen weiterhin auf ein Versammlungsgesetz (Peaceful Assembly Act, PAA), das Strafgesetzbuch und das „Gesetz über geringfügige Vergehen“ (Minor Offences Act, MOA) zurück, um friedliche Proteste einzuschränken. Organisator*innenen und Teilnehmer*innen waren unnötigen Ermittlungen, Inhaftierungen und Gewaltanwendung ausgesetzt.

Trotz der unterstützenden Haltung der Regierung gegenüber den Rechten der palästinensischen Bevölkerung ermittelte die Polizei gegen pro-palästinensische Demonstrant*innen und Organisator*innen im Rahmen des PAA. Im Oktober nahm die Polizei sieben propalästinensische Demonstrant*innen in der Nähe der US-Botschaft fest. Die Zivilgesellschaft verurteilte dies als beunruhigenden Missbrauch des PAA, der das Recht auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung untergrub. [5]

Im März wurden vier Organisator*innen und Teilnehmer*innen des „Women’s March Malaysia“ nach einer Demonstration anlässlich des Internationalen Frauentags von der Polizei verhört. Gegen sie wurde sowohl nach dem PAA als auch nach dem Gesetz über geringfügige Vergehen (MOA) ermittelt, obwohl sie die Kundgebung im Voraus bei der Polizei angemeldet hatten.

Im Juni verhaftete die Regierung von Sabah acht staatenlose indigene Student*innen der Bajau Laut, darunter mindestens drei Minderjährige. Sie wurden nach einem friedlichen Protest vor dem Büro des Chief Ministers für sieben Tage unter dem Einwanderungsgesetz festgehalten. [6]

Im Juli ging die Polizei mit übermäßiger Gewalt gegen friedliche Demonstrant*innen der örtlichen Menschenrechtsorganisation „Teoh Beng Hock Association for Democratic Advancement“ vor, die Gerechtigkeit für die Opfer von Todesfällen in Haft forderten. Die Gruppe reichte daraufhin eine Beschwerde bei der „Unabhängigen Polizeikommission“ (Independent Police Conduct Commission, (IPCC) ein.

Todesstrafe

Nach offiziellen Angaben wandelte das Bundesgericht zwischen dem 1. Januar und dem 14. Oktober 814 obligatorische Todesurteile in 30- bis 40-jährige Haftstrafen und Prügelstrafen um. Im ersten Jahr nachdem die  Todesstrafe durch das Gesetz zur Abschaffung der obligatorischen Todesstrafe (Abolition of Mandatory Death Penalty Act 2023) ins Ermessen gestellt wurde, ging die Zahl der verhängten oder in der Berufung bestätigten Todesurteile deutlich zurück, so dass die Zahl der Todesurteile um mehr als zwei Drittel sank. [7] Die Gerichte verhängten jedoch weiterhin die Todesstrafe für Drogendelikte, was einen Verstoß gegen internationales Recht und internationale Standards darstellt.

Im März bestätigte die Regierung im Parlament, dass das Moratorium für Hinrichtungen weiterhin eingehalten wird. Im Dezember stimmte die Regierung für die Resolution der UN-Generalversammlung, in der ein Moratorium für Hinrichtungen bis zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe gefordert wird.

Folter und andere Misshandlungen

Im Januar drängten zivilgesellschaftliche Gruppen, darunter Amnesty International, darauf, dass der IPCC mehr Befugnisse und Unabhängigkeit erhält, um polizeiliches Fehlverhalten wirksam anzugehen. [8]

Laut Regierungsberichten wurden zwischen 2022 und dem 25. Mai 2024 insgesamt 24 Todesfälle in Gewahrsam verzeichnet, die offiziell alle auf medizinische Gründe zurückgeführt wurden. Außerdem gab es zwischen Januar und Juni 20 Todesfälle in Haftanstalten für Einwanderer*innen.

Im September kündigte der Premierminister an, dass die Polizei und die malaysische Menschenrechtskommission Suhakam Untersuchungen über Verletzungen und Todesfälle von Häftlingen in Polizeigewahrsam durchführen würden.

Im Oktober starb ein Häftling im Pokok-Sena-Gefängnis an einer bakteriellen Infektion, nachdem er zu Peitschenhieben verurteilt worden war und diese nach der Umwandlung seines Todesurteils vollstreckt wurden.

Rechte von Gefüchteten und Migrant*innen

Geflüchtete und Migrant*innen wurden auf unbestimmte Zeit unter harten Bedingungen inhaftiert. Im März dementierte die Regierung Berichte über Folter in Haftanstalten für Einwanderer*innen. Ebenfalls im März eröffnete die Regierung Hafteinrichtungen für Kinder und Familien ohne Ausweispapiere. Dies führte zu Besorgnis über die unbefristete Inhaftierung von rund 170 Kindern, deren Freilassung nicht vorgesehen ist. Im Dezember berichteten die Behörden, dass 17.326 Personen in 25 Haftzentren inhaftiert waren. Das UNHCR, das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, hat seit 2019 keinen Zugang zu den Flüchtlingshaftanstalten des Landes.

Im Februar entkamen 131 Häftlinge aus dem Bidor Immigration Detention Centre. Dabei gab es zwei Todesfällen. Im Oktober bestätigte ein Bericht einer Überwachungskommission der Vollzugsbehörde (Enforcement Agency Integrity Commission) schwere Misshandlungen in Bidor.[9]

Die Abschiebung von inhaftierten Geflüchteten wurde fortgesetzt, von denen einige bei der Abschiebung von möglichen Menschenrechtsverletzungen bedroht waren. Der Oberste Gerichtshof intervenierte, um die Abschiebung eines Oppositionsführers aus Bangladesch und eines ägyptischen Menschenrechtsverteidigers zu stoppen. Im Oktober wurde jedoch eine Hausangestellte nach Kambodscha abgeschoben, nachdem sie kambodschanische Regierungsvertreter kritisiert hatte.

Häufige Razzien gegen Einwanderer ohne Papiere waren weiterhin weit verbreitet.

Rechte indigener Völker

Das Land und die Lebensgrundlagen indigener Völker sind weiterhin durch Palmölplantagen, Abholzung und Dammbau bedroht. Im Juli verklagten sieben Indigene der Temoq  in Pahang eine Ölpalmplantage, weil sie in ihr angestammtes Land eingedrungen waren. Im September stoppte ein Gericht den Betrieb eines Wasserkraftwerks auf dem Land der Semai in Perak, da keine ordnungsgemäße Genehmigung vorlag.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Im Juni kündigte die Regierung einen Plan an, der vorsieht, den Anteil der Kohle an der gesamten Energieerzeugung bis 2035 auf höchstens 50 % zu reduzieren und bis 2044 ganz aus der Energieerzeugung durch Kohleverbrennung auszusteigen. Dies würde jedoch eine stärkere Abhängigkeit von Erdgas als Übergangskraftstoff bedeuten, was die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verlängern könnte.

 

[1] “Malaysia: Oral statement Item 6: Consideration of UPR reports: HRC 56th session”, 5 July  [

[2] m“Malaysia: Arrest of Bajau Laut human rights defender under the Sedition Act is a shameful attempt at suppressing peaceful dissent”, 27 June 

[3] Malaysia: Passage of the Online Safety Bill a grave blow to freedom of expression, 12 December. 

[4] Malaysia: End Expansion of Repressive Laws Undermining Freedom of Expression and Civic Space, 17 December. 

[5] Malaysia: Drop investigations into seven pro-Palestine protesters detained near the US Embassy”, 1 October 

[6] “Malaysia: Stop crackdown on Bajau Laut people”, 22 June 

[7] “Malaysia: One year since repeal of mandatory death penalty, violations of international Law and standards continue despite overall decrease in death sentences”, 4 July 

[8] “Joint Statement: Empower IPCC to remedy the public trust deficit in PDRM”, 22 January 

[9] “Malaysia: Urgent action needed to address EAIC’s findings of abuse in Bidor Temporary Immigration Detention Centre”, 16 October 

1. Juni 2025