Republik Nordmazedonien
Berichtszeitraum | 1.1.2024 – 31.12.2024 |
Englischer Originaltext | North Macedonia |
Die Behörden gingen nicht auf die Besorgnis über Folter und andere Misshandlungen ein, auch nicht gegen Gefangene und Minderheiten. Rom*nja-Kindern wurde kein gleichberechtigter Zugang zu Bildung gewährt. Die Regierung unternahm wenig, um Vorurteile und Hassreden gegen Rom*nja und lesbische, schwule, bisexuelle, trans und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) zu bekämpfen. Gefüchtete und Migrant*innen, vor allem aus dem Nahen Osten und Asien, waren an den Grenzen des Landes weiterhin der Gefahr von Missbrauch und Gewalt ausgesetzt.
Hintergrund
Im Mai wurde ein neuer Präsident gewählt und eine Regierung ernannt, nachdem der Wahlkampf von Online- und verbalen Angriffen auf Politiker*innen, Minderheiten, Frauen und die LGBTI-Gemeinschaft geprägt war. Der EU-Beitritt Nordmazedoniens geriet ins Stocken, da das Parlament eine Verfassungsänderung, die Bulgar*innen als „konstituierendes Volk“ festschreibt, nicht verabschiedete.
Folter und andere Misshandlungen
Der UN-Ausschuss gegen Folter (Committee against Torture, CAT) äußerte seine Besorgnis über den allgemeinen Mangel an Finanzmitteln und die chronische Unterbesetzung des Gefängnissystems und forderte wirksame Untersuchungen von Folter- und anderen Misshandlungsvorwürfen, einschließlich der Anwendung von Zwang und übermäßiger Gewalt. Er forderte die Behörden außerdem auf, dafür zu sorgen, dass diskriminierende Motive hinter Straftaten angemessen untersucht und bei der Strafverfolgung berücksichtigt werden.
Kinderrechte
Im Februar entschied der Oberste Gerichtshof zugunsten des Europäischen Zentrums für die Rechte der Rom*nja und der meisten Rom*nja-Kinder, die in der Strafanstalt Tetovo in Volkovija untergebracht sind. Das Gericht ordnete eine Neubewertung eines Urteils des Berufungsgerichts Skopje aus dem Jahr 2022 an, in dem es um den gleichen Zugang zu Bildung für Kinder in Haft ging. Das Berufungsgericht hatte zuvor eine Klage abgewiesen, in der behauptet wurde, dass das Kinderstrafvollzugssystem Kindern in Haft keinen gleichberechtigten Zugang zur Bildung gewährt, was sowohl eine unmittelbare als auch eine mittelbare Diskriminierung darstellt. Daraufhin erließ es ein revidiertes Urteil, wonach die Behörden den Zugang zu Bildung in der Justizvollzugsanstalt gewährleisten müssen; diese Maßnahmen müssen jedoch noch umgesetzt werden.
Im Juni begrüßte der CAT die Verabschiedung des Gesetzes über die Justiz für Kinder, in dem der Grundsatz des Kindeswohls bei Kontakten mit dem Justizsystem verankert ist. UNICEF lobte den Ansatz der opferorientierten Justiz, der das Recht des Kindes auf Anhörung betont und Rehabilitation und Wiedereingliederung als gewünschte Ergebnisse anstrebt.
Der CAT gab jedoch auch Anlass zu ernster Besorgnis über Berichte über eine hohe Rate an psychischen Erkrankungen und eine Übermedikation von Kindern in Justizvollzugsanstalten.
Diskriminierung
Die Überarbeitung der Gesetze zur Gleichstellung der Geschlechter und zum Personenstandswesen (letzteres ermöglicht die rechtliche Anerkennung des Geschlechts von Transgender-Personen) wurde durch eine koordinierte öffentliche “Anti-Gender”-Kampagne blockiert.
Rom*nja
Im September gab die Kommission für die Verhütung von und den Schutz vor Diskriminierung (Commission on Prevention and Protection from Discrimination, CPPD) eine Stellungnahme zzum Verprügeln eines Rom*nja-Kindes durch Polizeibeamte im Jahr 2021 in Prilep ab. Die Kommission stellte eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit und der Ethnie fest und empfahl dem Innenministerium, eine echte, unverzügliche und vollständige interne Untersuchung durchzuführen und dem Opfer Zugang zur Justiz zu verschaffen. Die CPPD empfahl der Gemeinde Prilep außerdem, Maßnahmen gegen die schulische Segregation zu ergreifen, von der Rom*nja-Kinder in der Stadt betroffen sind.
Im April wurden mit Unterstützung von NGOs in 14 Gemeinden, darunter Shuto Orizari in Skopje, Kicevo, Prilep und Bitola, lokale Aktionspläne zur Integration der Rom*nja verabschiedet.
Muslimische Frauen
Die CPPD gab im April eine Stellungnahme ab, in der sie eine Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts und der religiösen Überzeugung im Zusammenhang mit einer Beschwerdeführerin feststellte. Ihr war in einem Restaurant die Bedienung verweigert worden, weil sie ein Kopftuch trug.
LGBTI+
Die CPPD gab auch mehrere Stellungnahmen zur Online-Diskriminierung und Aufstachlung gegen lesbische, schwule, bisexuelle, trans und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) ab und stellte fest, dass die negative Einstellung der Öffentlichkeit in den sozialen Medien fortbestand. Wie der UN Ausschuss gegen Folter feststellte, enthält das Strafgesetzbuch keine klare und umfassende Definition von Hassreden, die die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität als geschützte Gründe einschließt. Im September gab die Regierung als Reaktion auf die im Rahmen der UPR (Universal Periodic Review des UN Menschenrechtsrats) erhaltenen Empfehlungen an, dass sie nicht plane, solche Änderungen am Strafgesetzbuch vorzunehmen.
Rechte von Geflüchteten und Migrant*innen
Im Februar berichtete die NGO Legis, dass Gruppen von Geflüchteten und Migrant*innen, die versuchten, Serbien zu erreichen, bei eisigen Temperaturen an der Grenze angeblich von serbischen Grenzpolizist*innen entkleidet und nach Nordmazedonien zurückgeschickt wurden. Nordmazedonien gewährte Geflüchteten und Migrant*innen nicht systematisch Zugang zu Unterkünften und grundlegenden Dienstleistungen. Die NGO berichtete auch über die anhaltende Praxis der unrechtmäßigen Pushbacks nach Griechenland an der Südgrenze.