Portugal

Portugiesische Republik

Berichtszeitraum 1.1.2024 – 31.12.2024
Englischer Originaltext Portugal

Es gab glaubwürdige Berichte über Folter und Misshandlungen in Gefängnissen. Die Versammlungsfreiheit wurde durch den Missbrauch jahrzehntealter Gesetze untergraben. Der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch war nicht vollständig gewährleistet. Bei Angriffen auf Migrant*innen in der Stadt Porto wurden Dutzende von Menschen verletzt. Eine außergewöhnliche Hitzewelle und Waldbrände forderten fünf Todesopfer. Der Zugang zu bezahlbarem Wohnraum blieb unzureichend.

Folter und andere Misshandlungen

Im Juli berichtete die Nationale Präventionseinrichtung (National Prevention Mechanism, NPM) der Ombudsbehörde nach Besuchen in 17 Gefängnissen im Jahr 2023, dass in fast der Hälfte der besuchten Gefängnisse Misshandlungen von inhaftierten Personen festgestellt wurden. Der NPM äußerte sich besorgt über das Versäumnis der Behörden, glaubwürdigen Berichten über Misshandlungen nachzugehen und diese an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten. Der NPM wies auch auf die erniedrigenden Bedingungen hin, denen Dutzende von Migrant*innen während ihrer Inhaftierung am Flughafen Lissabon ausgesetzt waren. Dazu gehörte, dass sie gezwungen waren, in Befragungsräumen und internationalen Abfertigungsbereichen zu schlafen, in einigen Fällen bis zu sechs Nächte lang.

Übermäßige und unnötige Anwendung von Gewalt

Im Oktober erschoss in Cova da Moura, einem Stadtviertel von Amadora, ein Polizeibeamter den 43-jährigen Koch afrikanischer Abstammung Odair Moniz unter ungeklärten Umständen. Auf die Tötung folgten tagelange Unruhen gegen Polizeigewalt in mehreren Vierteln der Hauptstadt Lissabon. Eine Untersuchung wurde eingeleitet.

Freiheit der friedlichen Versammlung

Die Behörden behinderten weiterhin die Organisation von friedlichen Demonstrationen. Sie stützten sich auf jahrzehntealte Gesetze, um die Organisator*innen friedlicher Versammlungen zu belasten und mit Verpflichtungen zu belegen. Handlungen, die als Störung der “öffentlichen Ordnung und Ruhe” gelten, kriminalisieren mit vagen Bestimmungen die Organisator*innen von friedlichen Demonstrationen.

Im Januar ordnete der damalige Innenminister eine Untersuchung der Vorwürfe an, die Polizei habe zwei nach einer Demonstration festgenommene Klimaaktivistinnen missbräuchlich durchsucht und alle festgenommenen Aktivist*innen mehr als zehn Stunden lang in Handschellen gehalten.

Im Februar soll eine friedliche Gegendemonstration zu einer rechtsextremen Demonstration ohne Vorwarnung und mit übermäßiger Gewalt aufgelöst worden sein. Die Generalinspektion für innere Angelegenheiten leitete eine Untersuchung zu den Vorwürfen ein, dass mehrere Gegendemonstrant*innen wegen des Einsatzes von Schlagstöcken ärztlich behandelt werden mussten, unter anderem wegen gebrochener Rippen.

Im Juli wurden acht Klimaaktivist*innen, die bei einem friedlichen Protest kurzzeitig den Verkehr unterbrochen hatten, zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Geschlechtsspezifische Gewalt

Im Februar berichtete die Generalstaatsanwaltschaft, dass häusliche Gewalt im Jahr 2023 zu 22 Todesfällen geführt hatte. Unter den Opfer waren 17 Frauen und zwei Kinder. 72 % der Tötungen erfolgten durch Partner*innen oder ehemalige Partner*innen.

Sexuelle und reproduktive Rechte

Der Zugang zur Abtreibungsversorgung war nicht im ganzen Land gewährleistet, da die Behörden es versäumt hatten, die Verweigerung der Durchführung von Abtreibungen durch medizinisches Personal aus Gewissensgründen angemessen zu regeln.

Diskriminierung

Die Generalstaatsanwaltschaft berichtete im Oktober, dass zwischen 2020 und der ersten Hälfte des Jahres 2024 nur 17 Strafverfolgungen aus Ermittlungen über 895 Hassverbrechen erfolgten. 761 der Fälle wurden abgewiesen wurden. Aufgeschlüsselte Daten zu diesen Hassverbrechen wurden nicht erhoben.

Die hohe Schwelle für die Verfolgung von Hassdelikten bestand im Laufe des Jahres weiterhin. Im Oktober schloss die Polizei bei drei separaten Angriffen von sechs Männern auf algerische und marokkanische Staatsangehörige in der Stadt Porto eine rassistische Motivation aus.

Im Juni mahnte die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz des Europarats Portugal nach einem Besuch im Land, die Wohnbedingungen für die Rom*nja-Bevölkerung zu verbessern und die Maßnahmen zur Bekämpfung von Hassverbrechen zu verstärken.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Im Mai berichtete eine von Expert*innen begutachtete wissenschaftliche Studie über Todesfälle im Zusammenhang mit Hitzewellen, dass Portugal  mit 650 Todesfällen pro Jahr zwischen 2010 und 2019 zu den  in den vergangenen 30 Jahren 20 am stärksten betroffenen Ländern weltweit gehörte. Eine weitere Studie zeigte, dass die Hitzewelle, die Portugal im Juli heimsuchte, ohne den vom Menschen verursachten Klimawandel nicht aufgetreten wäre. Im September verwüsteten Waldbrände den Norden Portugals, die fünf Todesopfer und Hunderte Verletzte forderten.

Im Oktober billigte die Regierung Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels, indem sie den Verbrauch erneuerbarer Energien bis 2030 auf 51 % erhöhte und damit das EU-Gesamtziel von 42,5 % übertraf.

Recht auf Wohnen

Im Mai und September hat die Regierung die im Rahmen des Programms “Mehr Wohnraum” eingeführten Maßnahmen zur Bekämpfung des Mangels an erschwinglichem Wohnraum zurückgenommen. Es wurden Bedenken geäußert, dass die Abschaffung von Bestimmungen wie dem Einfrieren von Mieten und der Regulierung von Kurzzeitvermietungen den Mangel an erschwinglichem Wohnraum noch verschärfen könnte. Im März schätzte das Nationale Statistikamt, dass fast 13 % der Gesamtbevölkerung in überbelegten Wohnungen lebten. Von den armutsgefährdeten Personen leben 27,7 % in überfüllten Wohnungen.

Die im Juni von der Generalinspektion der Finanzen veröffentlichten Daten gehen davon aus, dass 60 % der Mieter keine Sicherheit des Mietverhältnisses genießen.

17. Juni 2025