Simbabwe

Simbabwe

Berichtszeitraum 1.1.2024 – 31.12.2024
Englischer Originaltext Zimbabwe
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Republik Simbabwe

Ein Gesetzentwurf, der die Existenz und die Arbeit von Organisationen der Zivilgesellschaft bedrohte, blieb im Parlament. Die Verstöße gegen die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung nahmen zu, insbesondere vor dem Gipfeltreffen der Southern African Development Community (Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika), als willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen eskalierten. Die Wirtschaft verschlechterte sich vor dem Hintergrund einer durch den El Niño verursachten Dürre weiter, und 7,6 Millionen Menschen waren von Ernährungsunsicherheit betroffen. Die Behörden erleichterten die Behandlung von Frauen mit Geburtsfisteln. Ein Gesetz zum Verbot von Früh- und Kinderheirat wurde verabschiedet. Ein Gesetzentwurf zur Abschaffung der Todesstrafe wurde verabschiedet.

Hintergrund

Die Wirtschaftskrise verschärfte sich. Im September wertete die Reserve Bank of Zimbabwe den ZiG (Zimbabwe Gold) – die letzte Währung des Landes – um 43 Prozent ab. Die Abwertung schwächte den offiziellen Wechselkurs von 13,9 ZiG auf 24,4 ZiG für den US-Dollar.

Freiheit der Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit

Im Oktober hatte das Änderungsgesetz für private Freiwilligenorganisationen (PVO) von 2024 die Nationalversammlung und den Senat passiert. Im November wurde es jedoch zur erneuten Prüfung an den Senat zurückgegeben, nachdem festgestellt worden war, dass einige von der Nationalversammlung während des Ausschussverfahrens vorgenommene Änderungen nicht berücksichtigt worden waren.

Die Regierung sagte, das PVO-Gesetz ziele darauf ab, „Geldwäsche und [die] Finanzierung des Terrorismus einzudämmen“ und sicherzustellen, dass NGOs „keine politische Lobbyarbeit betreiben“. Als der ursprüngliche Gesetzesentwurf zur Änderung des PVO-Gesetzes 2021 im August 2023, nach der Auflösung des Parlaments im Vorfeld der Wahlen, nicht weiterverfolgt wurde, keimte die Hoffnung auf, dass Präsident Emmerson Mnangagwa die Eingaben von Organisationen der Zivilgesellschaft gebührend berücksichtigt habe. Diese hatten Bedenken geäußert, dass der Gesetzesentwurf nicht den internationalen Menschenrechtsstandards und den Bestimmungen der Verfassung entspreche. Der neue Gesetzentwurf enthielt jedoch weiterhin Bestimmungen, die sich negativ auf den zivilen Raum auswirken und die Existenz und die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen bedrohen könnten.[1]

Die Behörden setzten weiterhin repressive Maßnahmen ein, auch über das Justizsystem, um abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen und Oppositionelle zu kriminalisieren.

Im Januar wurde Job Sikhala, ein ehemaliger Vorsitzender der Oppositionspartei Citizens Coalition for Change (CCC), aus dem Gefängnis entlassen, nachdem er wegen „Aufstachlung zur Gewalt“ zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe verurteilt worden war. Er hatte 595 Tage in Untersuchungshaft verbracht. Im Februar wurde er zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe verurteilt, weil er „falsche staatsgefährdende Aussagen veröffentlicht oder verbreitet“ hatte. Die Anklage bezog sich auf ein auf Facebook verbreitetes Video, in dem behauptet wurde, ein Polizist habe ein Baby getötet. Im Juli sprach ihn das Oberste Gericht von Simbabwe von den Vorwürfen frei. [2] Die Anwältin und ehemalige Sprecherin der CCC, Fadzayi Mahere, wurde im Februar 2024 vom Obersten Gericht nach einer Berufung freigesprochen. Sie war 2023 wegen „Verbreitung von Unwahrheiten“ verurteilt worden, nachdem sie das Video auf X (früher Twitter) gepostet hatte,

Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen

Die willkürliche Inhaftierung und Verfolgung von Menschenrechtsverteidiger*innen, Mitgliedern und Anhänger*innen der politischen Opposition, Aktivist*innen, Journalist*innen und anderen Personen, die abweichende Meinungen äußern oder ihr Recht auf friedliche Versammlung wahrnehmen, hat zugenommen.

Insbesondere im Vorfeld des Gipfels der Staats- und Regierungschefs der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika, der am 17. August in der Hauptstadt Harare stattfand, ging die Regierung verstärkt gegen Oppositionelle und Mitglieder der Zivilgesellschaft vor. Die Polizei verhaftete mehr als 160 Personen, darunter gewählte Amtsträger*innen, Oppositionsmitglieder, Gewerkschaftsführer*innen, Student*innen und Journalist*innen. [3]

Am 16. Juni stürmte die Polizei das Haus des CCC-Parteivorsitzenden Jameson Timba während einer privaten Versammlung und verhaftete 78 Personen. Sie wurden mehr als 48 Stunden lang in Gewahrsam gehalten, bevor sie unter Verstoß gegen das simbabwische Recht vor Gericht gestellt und wegen „Versammlung mit der Absicht, öffentliche Gewalt zu fördern und ungebührlichem Verhalten“ angeklagt wurden. Am 4. September wurden 12 der Festgenommenen freigesprochen, nachdem das Gericht festgestellt hatte, dass sie nicht an der Versammlung beteiligt waren. Am 27. November, nach 160 Tagen Haft, wurden Jameson Timba und 34 seiner Mitangeklagten zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt.

Am 24. Juni wurden 44 Mitglieder der Zimbabwe National Students Union in Harare verhaftet und wegen „ungebührlichen Verhaltens“ angeklagt, bevor sie wieder freigelassen wurden. Am 29. Juni wurden Mitglieder der National Democratic Working Group, einer Bewegung für soziale Gerechtigkeit, in einem Privathaus in Harare während eines Treffens verhaftet, bei dem Geld für verarmte Familien gesammelt werden sollte und das von den Behörden als „nicht genehmigt“ angesehen wurde.

Am 31. Juli wurden die Aktivist*innen Namatai Kwekweza, Robson Chere, Samuel Gwezi und Vusumuzi Moyo gewaltsam aus einem Flugzeug geholt und von Staatsbeamt*innen verhaftet. Die vier wurden acht Stunden lang ohne Zugang zu ihrer*ihrem Anwält*in festgehalten, und eine Kaution wurde ihnen verweigert. Robson Chere wurde in der Haft gefoltert und erlitt schwere körperliche Verletzungen.

Am 1. August wurden 13 Aktivist*innen, darunter der ehemalige Abgeordnete John Houghton, der ehemalige Bürgermeister von Kariba, George Masendu, und der Aktivist Farai Mageva, in Kariba verhaftet, weil sie einen „nicht genehmigten Protest“ für die Freilassung des Oppositionsführers Jameson Timba und 77 weiterer Aktivist*innen organisiert hatten. Sie wurden im Polizeipräsidium von Kariba festgehalten, bevor sie am 2. September gegen Kaution freigelassen wurden. Am 2. August wurden Kelvin Gonde und der Oppositionsführer Jacob Ngarivhume verhaftet und wegen Teilnahme an einer ungesetzlichen Versammlung und ungebührlichen Verhaltens angeklagt. Am 16. August verhaftete die Polizei in Gokwe 12 Personen wegen angeblicher Teilnahme an einer regierungsfeindlichen Demonstration.

Recht auf Information

Das Media Institute of Southern Africa Zimbabwe, eine unabhängige Organisation, verzeichnete sechs Verstöße, die die Pressefreiheit untergraben und Journalist*innen daran hindern, ihre verfassungsmäßige Pflicht zur Information der Öffentlichkeit zu erfüllen.

Im Februar verbot der Staatsminister für Provinzangelegenheiten und Dezentralisierung der Provinz Midlands Sydney Mubaiwa, dem Büroleiter der Zeitung Mirror Midlands, und Stephen Chadenga, einem Journalisten der Zeitung NewsDay, über Regierungsveranstaltungen in der Region zu berichten. Sie nahmen an einer von der Zimbabwe Gender Commission organisierten Sitzung teil, als sie herausgegriffen und von der Teilnahme an Regierungsveranstaltungen ausgeschlossen wurden.

Im selben Monat teilte NewsHawks, eine investigative Online-Publikation, mit, dass sie weitere Berichte über drei Armeegeneräle eingestellt habe, nachdem sie „subtile Drohungen und direkten Druck“ von staatlichen Sicherheitsbeamt*innen erhalten habe.

Ebenfalls im Februar wurde der Journalist Admire Chitsungo auf dem zentralen Polizeirevier von Kadoma festgenommen und kurzzeitig inhaftiert, nachdem er die örtliche Polizei dabei fotografiert hatte, wie sie die Waren von Verkäufern in Kadoma beschlagnahmte.

Am 4. Juni wurden 16 Journalist*innen daran gehindert, über die Unterzeichnung des „Integritätsversprechens“ durch den neuen Gouverneur der Zentralbank, John Mushayavanhu, und seine Mitarbeiter*innen in den Büros der Bank in Harare zu berichten.

Im August wies ein ranghoher Polizeibeamter Nunurai Jena, einen Korrespondenten des Nachrichtensenders Studio 7, an, eine distriktübergreifende Versammlung des Mashonaland West-Zweiges der regierenden Partei Zimbabwe African National Union – Patriotic Front in der Gemeinde Chinhoyi zu verlassen. Die Anordnung wurde mit der Begründung erteilt, dass er mit Studio 7 zusammenarbeitet.

Später im selben Monat legte die Polizei dem Journalisten der Zeitung Herald, Charles Muchakagara, Handschellen an und versuchte, seine Kamera zu konfiszieren, als er einen Verkehrsunfall in Harare fotografierte.

Wirtschaftliche und soziale Rechte

Die durch den El Niño verursachte Dürre und der anhaltende wirtschaftliche Niedergang beeinträchtigten den Zugang zu Ernährung, Gesundheit, Wasser und sanitären Einrichtungen, Bildung, Sozialschutz, Unterkünften, Landwirtschaft, Energie und Infrastruktur. Nach Angaben von UNICEF waren 7,6 Millionen Menschen (50 Prozent der Bevölkerung) von Ernährungsunsicherheit betroffen. Im April erklärte die Regierung die Dürre zu einer nationalen Katastrophe. Im Mai veröffentlichten die Behörden einen gemeinsamen Aufruf zur Soforthilfe in Höhe von 3,9 Mrd. USD (ca. 3,31 Mrd. Euro), wovon 2 Mrd. USD (ca. 1,69 Mrd. Euro) für die unmittelbare Reaktion auf die Dürre und der Rest für die weitere Stärkung der Widerstandsfähigkeit vorgesehen waren.

Die Behörden ergriffen weiterhin Maßnahmen zur Eindämmung eines Cholera-Ausbruchs, der 2023 begann. Nach Angaben der WHO wurden in Simbabwe bis zum 31. Juli insgesamt 34.549 Cholerafälle mit 718 Todesfällen registriert, was einer Sterblichkeitsrate von 2,1 Prozent in 63 Bezirken und 10 Provinzen entspricht. Am 30. Juli erklärte das Ministerium für Gesundheit und Kinderfürsorge den Ausbruch für beendet, nachdem der letzte Cholerafall am 30. Juni gemeldet worden war und die Bekämpfung 18 Monate gedauert hatte.

Der parlamentarische Portfolioausschuss für Verteidigung, Inneres, Sicherheitsdienste und Angelegenheiten der Kriegsveteranen führte öffentliche Anhörungen durch, um festzustellen, ob und in welchem Ausmaß Menschen in Simbabwe von Staatenlosigkeit betroffen sind. Unter Hinweis auf die Auswirkungen der Staatenlosigkeit auf die uneingeschränkte Wahrnehmung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte empfahl der Ausschuss der Regierung, Mittel für eine quantitative Studie bereitzustellen. Es soll die Zahl der von Staatenlosigkeit bedrohten Menschen ermittelt und die Mitarbeiter*innen des Standesamtes geschult werden, damit sie staatenlosen Menschen qualitativ hochwertige Dienstleistungen anbieten können.

Rechte von Frauen und Mädchen

Schwangerschaft im Teenager Alter, Kindesmissbrauch, Früh- und Kinderheirat und Schulabbruch bei Mädchen sind weiterhin weit verbreitet. Eine lokale Medienquelle berichtete, dass mindestens 16 Mädchen an der Monozi-Grundschule (für Schüler bis 13 Jahre) im Distrikt Mbire die Prüfungen für die siebte Klasse aufgrund einer Schwangerschaft nicht bestanden haben.

Frauen, die im informellen grenzüberschreitenden Handel in Simbabwe tätig sind, sind nach wie vor geschlechtsspezifischer Gewalt und wirtschaftlicher Ausbeutung ausgesetzt, was sie daran hindert, ihre Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf menschenwürdige Arbeit, wahrzunehmen. [4] Sie sind häufig körperlichen Übergriffen, sexueller Belästigung und Einschüchterung ausgesetzt, die häufig von staatlichen Beamt*innen, einschließlich Grenzbehörden, ausgeübt werden.

Beachtliche Fortschritte wurden bei der Gesundheitsversorgung von Müttern durch die Behandlung von Geburtsfisteln erzielt. Im Laufe des Jahres richteten die Regierung und ihre Partner*innen drei Behandlungszentren ein, in denen betroffene Frauen kostenlos behandelt werden können.

Rechte der Kinder

Im September stimmte Präsident Mnangagwa dem Gesetzentwurf zur Änderung der Strafgesetze (Schutz von Kindern und Jugendlichen) 2024 zu, mit dem das Schutzalter von 16 auf 18 Jahre angehoben wurde. Das Gesetz enthält Bestimmungen zum Schutz junger Menschen vor sexuellem Missbrauch und Früh- und Kinderheirat. Das Gesetz folgte einem Urteil des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 2022, das festgestellt hatte, dass das Strafgesetzbuch Kinder im Alter von 16 bis 18 Jahren nicht ausreichend vor sexueller Ausbeutung schützt.

Todesstrafe

Am 31. Dezember unterzeichnete Präsident Mnangagwa das Gesetz zur Abschaffung der Todesstrafe. Mit dem Gesetz wurde die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft, indem den Gerichten die Verhängung der Strafe untersagt wurde, das Strafprozess- und Beweisgesetz geändert wurde, um Verweise auf die Todesstrafe zu streichen, und Abschnitte aufgehoben wurden, in denen u. a. festgelegt wurde, wie die Strafe zu verhängen und zu vollstrecken ist.  Es enthält auch Bestimmungen für die erneute Verurteilung von Personen, die zum Zeitpunkt der Abschaffung zum Tode verurteilt waren.[5] Eine neue Bestimmung im Verteidigungsgesetz, die durch das Gesetz zur Abschaffung der Todesstrafe (Death Penalty Abolition Act 2024) eingeführt wurde, ermöglicht jedoch die Wiedereinführung der Todesstrafe, wenn gemäß Abschnitt 113 der Verfassung der öffentliche Notstand ausgerufen wird.

[1] Zimbabwe: Further information: Civil society under attack with new draft law

[2] Zimbabwe: Further information: Former opposition leader’s convictions quashed: Job Sikhala

[3] Zimbabwe: Authorities must end massive crackdown on dissent before SADC summit

[4] Southern Africa: Malawi, Zambia and Zimbabwe failing to protect the human rights of women working in informal, cross-border trade

[5] Africa: Countries on the cusp of abolition must take a stand against the death penalty

2. Juli 2025