Republik Singapur
Berichtszeitraum | 1.1.2024 – 31.12.2024 |
Englischer Originaltext | Singapore |
Die Regierung beschränkte die Meinungs- und Versammlungsfreiheit und unterdrückte abweichende Meinungen und Kritik. Aktivist*innenen wurden angeklagt, weil sie sich geäußert hatten, und Hinrichtungen wurden fortgesetzt.
Hintergrund
Lawrence Wong wurde Premierminister, als der frühere Regierungschef Lee Hsien Loong nach 20 Jahren zurücktrat. Die langjährige Politik der Regierung, ihre Gegner zum Schweigen zu bringen und den zivilgesellschaftlichen Raum einzuschränken, wurde fortgesetzt.
Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit
Im April wurde gegen drei AktivistInnen polizeilich ermittelt, weil sie gegen die Waffenverkäufe Singapurs an Israel protestiert hatten. Sie trugen ein Transparent mit der Aufschrift “End SG-Israel arms trade” in Gardens by the Bay, einem beliebten Touristenziel. Gegen sie wurde auf der Grundlage des Gesetzes über die öffentliche Ordnung (Public Order Act) ermittelt, dass für jede Form der öffentlichen Demonstration eine Genehmigung vorschreibt.
Im Juni übergaben Student*innen und Absolvent*innen der Universität dem Innenministerium Briefe, in denen sie sich gegen ein neues Gesetz aussprach das die Harmonie zwischen den ethnischen Gruppen fördern soll, weil es der Regierung weitere Befugnisse zur Unterdrückung abweichender Meinungen einräumen würde. Gegen die Verfasser*innen wurde später durch die Polizei ermittelt. Im selben Monat erhob die Polizei gegen drei Aktivist*innen – Annamalai Kokila Parvathi, Siti Amirah Mohamed Asrori und Mossammad Sobikun Nahar – Anklage wegen der Organisation eines Marschesdurch eine Verbotszone gemäß dem Gesetz über die öffentliche Ordnung (Public Order Act). Diese Anklagen wurden erhoben, nachdem sie einen Marsch zum Präsidentenpalast angeführt hatten, um ein Schreiben zu übergeben, in dem sie ihre Besorgnis über den Gaza-Konflikt zum Ausdruck brachten. Sollten sie für schuldig befunden werden, droht ihnen eine Geldstrafe von bis zu 10.000 SDG (6.700 EUR) oder eine sechsmonatige Freiheitsstrafe.
Im Juli erhielt Kenneth Jeyaretnam, Vorsitzender der Reformpartei, seinen achten Strafbefehl von den Behörden gemäß dem POFMA-Gesetz zum Schutz gegen Online-Falschmeldungent und Manipulation (Protection from Online Falsehoods and Manipulation Act, POFMA). Die Anordnung bestand darin, eine so genannte unwahre Behauptung öffentlich zu korrigieren und bezog sich auf seinen Online-Post vom 15. Juni, in dem er die Preisgestaltung der Regierung für Land in Frage stellte. Die Behörden leiteten auch ein Ermittlungsverfahren gegen Kenneth Jeyaretnam wegen Missachtung des Gerichts durch das Gesetz zum Schutz der Justiz (Administration of Justice (Protection) Act) ein, das auch dazu verwendet wurde, Kritiker ins Visier zu nehmen, und verhängten POFMA-Anordnungen gegen mehrere unabhängige Medien.
Im Laufe des Jahres erließ die Regierung zahlreiche POFMA-Anordnungen in Bezug auf Äußerungen des „Transformative Justice Collective (TJC)“, eines Kollektivs von Aktivisten, die sich für eine Justizreform und andere Menschenrechtsreformen einsetzen, in denen unter anderem die Todesstrafe kritisiert wird. Im Oktober wurde eine von TJC organisierte Fotoausstellung für den Weltaktionstag gegen die Todesstrafe mit der Begründung verboten, dass sie “das nationale Interesse untergräbt”. Im Dezember erließ die Regierung eine POFMA-Verfügung, in der die Website und die sozialen Medien von TJC als nichtzulässige Webseiten bezeichnet wurden. TJC wurde verpflichtet, auf ihrer Website einen Hinweis zu veröffentlichen, der besagt, dass sie “zahlreiche Unwahrheiten” verbreitet haben, und es wurde ihnen verboten, online Geldspenden zu erhalten. Die Aktivistin Annamalai Kokila Parvathi, ein Mitglied von TJC, erhielt einzelne POFMA-Anordnungen für ihren Einsatz gegen die Todesstrafe und wurde Gegenstand von Ermittlungen, nachdem sie sich als erste Person in Singapur weigerte, einer Korrekturanordnung nachzukommen.
Todesstrafe
Die Hinrichtung von Personen, die wegen Drogendelikten verurteilt wurden, wurde fortgesetzt. Am 2. und 7. August vollstreckten die Behörden das Todesurteil von zwei Männern [1], während ein weiterer im Oktober hingerichtet wurde, alle wegen Drogendelikten. In allen Fällen gab es Bedenken hinsichtlich eines fairen Verfahrens, da alle Drei an einem anhängigen laufenden Gerichtsverfahren beteiligt waren. [2] Im Oktober änderte die Regierung das bereits restriktive Gesetz zum Schutz der Justiz (Administration of Justice (Protection) Act) über die Justizverwaltung (Schutz) und machte diejenigen, die “unbegründete” Gerichtsanträge stellen, der Missachtung des Gerichts schuldig.
Recht auf eine gesunde Umwelt
Im März übermittelte die Regierung dem Internationalen Gerichtshof eine schriftliche Erklärung, in der sie dessen bevorstehende beratende Entscheidung zu klimabezogenen Verpflichtungen unterstützt. Als niedrig gelegener Inselstaat ist Singapur sehr anfällig für den Anstieg des Meeresspiegels, der die Infrastruktur und die Lebensgrundlagen bedrohen könnte.
[1] “Singapore: Authorities must end executions and stop targeting anti-death penalty activists to curb criticism”, 22 August
[2] “Singapore: Unlawful execution despite ongoing legal appeal raises fears of more to come”, 4 October