Taiwan
Berichtszeitraum | 1.1.2024 – 31.12.2024 |
Englischer Originaltext | Taiwan |
Ein Urteil des Verfassungsgerichts schränkte die Anwendung der Todesstrafe ein, bestätigte jedoch ihre Beibehaltung. Ein Antidiskriminierungsgesetz wurde ausgearbeitet, aber nicht verabschiedet. Im Rahmen von Rechtsreformen wurden die Rechte indigener Völker stärker anerkannt, doch blieben Einschränkungen bestehen. Die Opfer eines Unfalls mit giftigen Chemikalien durch ein taiwanisches Unternehmen wurden weiterhin nicht entschädigt.
Hintergrund
Ein Gesetzentwurf zur Erweiterung der Befugnisse der Legislative wurde im Mai trotz Massenprotesten vom Parlament angenommen. Im Oktober entschied das Verfassungsgericht, dass viele der im Gesetzentwurf enthaltenen Artikel verfassungswidrig sind.
Todesstrafe
Ein Urteil des Verfassungsgerichts vom September bestätigte die Verfassungsmäßigkeit der Todesstrafe, schränkte ihre Anwendung jedoch ein. Das Urteil führte neue Verfahrensgarantien ein und verlangte, dass die bestehenden Garantien in Fällen der Todesstrafe strenger beachtet werden und dies, auch wenn es sich um Angeklagte mit geistiger Behinderung handelt. [1]
Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen
Trotz der Verpflichtungen im Rahmen des Nationalen Aktionsplans für Menschenrechte 2022-2024 ist es der Regierung nicht gelungen, die Gesetzgebung zur Einführung eines Asylsystems voranzutreiben.
Im Laufe des Jahres haben die Behörden chinesische Asylbewerber, die sich auf der Durchreise in Taiwan befanden, in Drittländer abgeschoben. Die Personen liefen Gefahr, von diesen Ländern in die Volksrepublik China überstellt zu werden, wo sie von Menschenrechtsverletzungen bedroht sein könnten.
Es wurden Vorfälle von Menschenhandel gemeldet, und die Besorgnis über die schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen von Wanderarbeitern auf Fischereifahrzeugen hielt an. Im August intervenierte die Fischereibehörde im Fall von neun indonesischen Fischern, die 15 Monate lang auf einem Fischereifahrzeug gearbeitet hatten, ohne Lohn oder Zugang zu WLAN, um Kontakt zur Außenwelt zu haben. [2]
Diskriminierung
Im Mai veröffentlichte die Regierung einen Entwurf für ein Antidiskriminierungsgesetz. Damit folgte sie den Empfehlungen des Internationalen Überprüfungsausschusses, der für die Überprüfung der Umsetzung des UN – Ausschusses für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (Committee on the Elimination of Racial Discrimination CERD) durch Taiwan zuständig ist, der die Regierung aufgefordert hatte, Maßnahmen zur Bekämpfung der systemischen Diskriminierung zu ergreifen, unter anderem durch die Verankerung von Schutzmaßnahmen im Gesetz. Das Gesetz war bis zum Jahresende noch nicht verabschiedet worden.
In sechs separaten Verwaltungsgerichtsurteilen wurde das Recht von Transgender-Personen bestätigt, ihr Geschlecht legal zu ändern, ohne sich einer Operation zu unterziehen. Im September gab die Regierung bekannt, dass gleichgeschlechtliche Ehen zwischen Partnern aus Taiwan und der Volksrepublik China, die in einem Drittland geschlossen wurden, in Taiwan anerkannt werden.
Rechte indigener Völker
Im März hob der Oberste Gerichtshof die 2015 ergangene Verurteilung eines indigenen Mannes, Wang Guanglu, wegen illegaler Jagd auf. Die Gesetze, die die Jagdrechte indigener Völker einschränken, blieben jedoch in Kraft. Im Mai wurde durch eine Änderung des Namensgesetzes die Vorschrift aufgehoben, dass indigene Personen Mandarin-Namen verwenden müssen, so dass sie in offiziellen Dokumenten nur ihre indigenen Namen verwenden können.
Unternehmensverantwortung
Die Regierung veröffentlichte den Entwurf von Leitlinien zur Achtung der Menschenrechte in der Lieferkette taiwanischer Unternehmen und einen aktualisierten Entwurf eines nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte. Keiner dieser Entwürfe enthielt angemessene Maßnahmen, um die negativen Auswirkungen von Unternehmen auf die Menschenrechte zu bekämpfen. Im Mai schrieben acht UN-Experten an Vertreter der Formosa Plastic Corporation. Sie äußerten ihre Besorgnis über das Versäumnis des Unternehmens, die Opfer eines Giftmüllunfalls vor der Küste Vietnams im Jahr 2016 zu entschädigen, der von der Tochtergesellschaft Formosa Ha Tinh Steel Corporation verursacht wurde und die Lebensgrundlage der örtlichen Fischergemeinden zerstörte.
[1] Taiwan: Constitutional Court recognizes fundamental flaws in death penalty but fails to abolish it”, 20 September
[2] “Taiwan, Trafficking – The Rights and Interests of Migrant Workers Are Not Secure”, 28.August (nur Chinesisch)