Tschechische Republik
Berichtszeitraum | 1.1.2024 – 31.12.2024 |
Englischer Originaltext | Czech Republic |
Hunderte von Frauen, die zwangssterilisiert wurden, blieben ohne volle Entschädigung. Eine zustimmungsbasierte Definition von Vergewaltigung wurde in das Gesetz aufgenommen. Das Verfassungsgericht schaffte die Sterilisation als Voraussetzung für die rechtliche Anerkennung des Geschlechts ab. Das Parlament scheiterte bei der Verabschiedung eines Gesetzes, mit dem eine neue Ombudsperson für Kinder geschaffen worden wäre. Unverantwortliche Waffentransfers wurden fortgesetzt. Die meisten beschäftigten ukrainischen Geflüchteten arbeiteten unter ihren Qualifikationen. Die Klimapolitik blieb unzureichend.
Sexuelle und reproduktive Rechte
Das Gesetz, das den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch regelt, ist nach wie vor veraltet. Viele medizinische Einrichtungen weigerten sich, Abtreibungen für nicht-tschechische EU-Bürger vorzunehmen, weil die tschechische Ärztekammer fälschlicherweise behauptete, das Gesetz lasse dies nicht zu – was vom Gesundheitsministerium und der Ombudsstelle wiederholt widerlegt wurde.
Bis zum Jahresende hatte das Gesundheitsministerium 720 Frauen, hauptsächlich Rom*nja, entschädigt, die zwischen dem 1. Juli 1966 und dem 31. März 2012 zwangssterilisiert worden waren. Die Frist für die Beantragung der Entschädigung lief Ende des Jahres ab. Der Regierungsausschuss gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung forderte eine Verlängerung der Frist, aber die Regierung wurde nicht tätig. Im September rügte die Ombudsperson die Regierung wegen unrechtmäßiger Verzögerung der Entschädigung. Hunderte von Frauen warteten immer noch auf Entschädigungszahlungen in Höhe von 300.000 CZK (rund 12.000 EUR).
Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt
Der Senat lehnte die Ratifizierung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) ab.
Eine neue Definition von Vergewaltigung im Strafgesetzbuch wurde in Kraft gesetzt. Ab 2025 wird Vergewaltigung definiert als „jeder Geschlechtsverkehr, der gegen den Willen des Opfers erfolgt“ oder bei dem das Opfer aufgrund von Faktoren wie Angst oder Rausch nicht in der Lage war, seine Zustimmung zu geben.
Ein Richter des Berufungsgerichts hat einen Mann, der seine Stieftochter mehr als zwei Jahre lang wiederholt vergewaltigt hat, zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und damit Massendemonstrationen ausgelöst. Das Justizministerium hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der vorsieht, dass Richter*innen zusätzliche Schulungen absolvieren müssen, um ihre berufliche Entwicklung zu fördern. Die Schulung zu Themen wie sexuelle Gewalt und häusliche Gewalt wurde jedoch nicht zur Pflicht gemacht.
Rechte von LGBTI+
Nach jahrelangem Kampf hat das Parlament ein neues Gesetz verabschiedet, das gleichgeschlechtlichen Paaren zusätzliche Rechte einräumt, aber nicht die volle Gleichstellung mit der Ehe bedeutet. Ab 2025 können gleichgeschlechtliche Paare eine Lebenspartnerschaft eingehen, die ihnen die gleichen Rechte wie verheirateten heterosexuellen Paaren einräumen soll. Sie wird jedoch keine vollen elterlichen Rechte beinhalten.
Die Tschechische Republik gehörte zu den wenigen Ländern in Europa, in denen die Sterilisation eine Voraussetzung für die rechtliche Änderung des Geschlechts blieb. Das Verfassungsgericht hat im Mai eine Entscheidung erlassen, die diese Voraussetzung abschafft, dem Gesetzgeber aber eine Frist bis Ende Juni 2025 einräumt, um das Gesetz zu ändern.
Diskriminierung
Ein Holocaust-Denkmal für die Rom*nja und Sinti*zze in Böhmen wurde schließlich auf dem Gelände eines ehemaligen Konzentrationslagers eröffnet.
Die tschechische nationalistische Bewegung Freiheit und Demokratie verwendete rassistische und fremdenfeindliche Rhetorik und Plakate in einer Anti-Einwanderungskampagne. Gegen den Parteivorsitzenden wurde außerdem von Vertreter*innen der Rom*nja Strafanzeige erstattet.
Recht auf Leben
Die Tschechische Republik hatte einige der laxesten Waffengesetze in Europa. Nach einer Massenschießerei an einer Universität im Jahr 2023, bei der 17 Menschen getötet wurden, setzte der Innenminister im Juni eine Arbeitsgruppe ein, die eine Verschärfung der Waffengesetze prüfen soll.
Rechte der Kinder
Die Regierung hat im Juni ein Gesetz vorgeschlagen, das die körperliche Züchtigung von Kindern verbietet. Das Gesetz musste noch vom Parlament verabschiedet werden. Das Parlament hat die Verabschiedung eines Gesetzes, mit dem eine neue Ombudsperson für Kinder geschaffen worden wäre, nicht abgeschlossen.
Unverantwortliche Waffentransfers
Die Tschechische Republik exportierte weiterhin Waffen nach Israel, Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate, obwohl sie für frühere Verstöße nicht zur Rechenschaft gezogen wurde und ein erhebliches Risiko besteht, dass diese Waffen bei schweren Verstößen gegen die internationalen Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht eingesetzt werden könnten.
Rechte von Geflüchteten und Migrant*innen
Am 4. August befanden sich nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR über 370.000 ukrainische Geflüchtete im Land. Nach Angaben des Menschenrechtsbeauftragten der Regierung arbeiteten etwa drei Fünftel von ihnen unter ihrem Qualifikationsniveau.
Recht auf eine gesunde Umwelt
Die Regierung hat es erneut versäumt, ein rechtsverbindliches Klimagesetz zu verabschieden, das spezifische Ziele und konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels vorsieht.