Usbekistan

Republik Usbekistan

Berichtszeitraum 1.1.2024 – 31.12.2024
Englischer Originaltext Uzbekistan

Die Behörden haben ihre Kontrolle über das Recht auf freie Meinungsäußerung und über die Medien weiter verschärft. Aktivist*innen, Blogger*innen und unabhängige Journalist*innen sahen sich politisch motivierten Verfolgungen ausgesetzt, weil sie über Hinweise auf Korruption und Menschenrechtsverletzungen, einschließlich über Verstöße gegen das Recht auf Wohnen und gegen Arbeitsrechte, berichtet hatten. Folter und andere Misshandlungen sind weiterhin weit verbreitet. Für Personen, die verdächtigt werden, dafür strafrechtlich verantwortlich zu sein, besteht weitgehend Straffreiheit. Lesbische, schwule, bisexuelle, trans und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) waren Einschüchterungen, körperlichen Angriffen, Diffamierungen in sozialen Medien und willkürlichen Inhaftierungen aufgrund falscher Anschuldigungen ausgesetzt. Viele Opfer von Zwangsräumungen und Enteignungen blieben ohne wirksamen Rechtsbehelf.

Hintergrund

An den Parlamentswahlen im Oktober nahmen keine echten politischen Oppositionsparteien teil. Die Regierungspartei gewann die Mehrheit der Sitze.

Meinungsfreiheit

Die Behörden verstärkten ihre Kontrolle über das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Medien weiter und unterdrückten unabhängige Medien. Freie Medien gab es nicht; Blogger*innen und Kommentator*innen in sozialen Medien waren politisch motivierten Strafprozessen ausgesetzt, wenn sie über Korruptionsvorwürfe, Menschenrechtsverletzungen und andere politisch sensible Themen berichteten. Mindestens zehn von ihnen wurden wegen Verleumdung und Beleidigung des Präsidenten im Internet verurteilt, gegen einige wurden auch konstruierte Beschuldigungen wegen Erpressung und Betrug erhoben.

Internationale Menschenrechtsorganisationen sahen sich zunehmenden Einschränkungen ihrer legitimen Beobachtung und Berichterstattung ausgesetzt. Auch Menschenrechtsverteidiger*innen und Aktivist*innen waren Einschüchterungen, Schikanen und Angriffen ausgesetzt. Die Aktivistinnen Umida Niyazova und Sharifa Madrakhimova wurden im April von einem regierungsfreundlichen Blogger und einem unbekannten Mann bedroht und tätlich angegriffen. Die Angreifer wollten die beiden Frauen daran hindern, die Baumwollproduktion zu überprüfen und in der Landwirtschaft tätige Personen und Arbeiter*innen des Baumwollunternehmens Indorama Agro zu Arbeitskämpfen zu befragen. Die Polizei lehnte es ab, eine Anzeige gegen den Blogger und seinen Komplizen aufzunehmen. Kurz danach warf der Blogger Umida Niyazova in den sozialen Medien vor, den Ruf Usbekistans zu schädigen.

Im Juli brachten OSZE-Expert*innen ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass der letzte überarbeitete Entwurf des Informationsgesetzes zu weit gefasste und diskriminierende Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung enthält, wie etwa das Verbot der Verbreitung von Informationen, die „Separatismus“ und „religiösen Extremismus“ fördern und Respektlosigkeit gegenüber Staat und Gesellschaft zeigen. Der Entwurf des Gesetzes stand Ende Dezember noch zur Verabschiedung an.

Im Juli wurde der Journalist Salim Inomzoda, der zur tadschikischen Minderheit gehört, verhaftet und wegen Verbreitung von „Informationen, die die öffentliche Sicherheit gefährden“ angeklagt, weil er 2022 ein traditionelles tadschikisches Lied auf Facebook gepostet hatte, welches die Behörden als „separatistisch“ ansahen. Ihm drohen bis zu acht Jahre Haft.

Neue Änderungen des Gesetzes über den Status von Ausländern und Staatenlosen, die im November unterzeichnet wurden, ermächtigen die Behörden, Ausländer*innen, die dem Ruf, der Kultur, den Werten, den Traditionen oder der Geschichte Usbekistans schaden, für „unerwünscht“ zu erklären. Zu den Sanktionen gehören Geldstrafen und ein fünfjähriges Einreiseverbot.

Vereinigungsfreiheit

Im Februar stufte der Oberste Gerichtshof Alga Karakalpakstan, eine nicht registrierte Oppositionspartei, die sich für die Unabhängigkeit der Autonomen Republik Karakalpakstan einsetzt, als „extremistisch“ ein und verbot sie.

Am 30. Mai verurteilte ein Gericht Parakhat Musapbarov wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft in der Alga Karakalpakstan zu einer sechsjährigen Haftstrafe. Die Verurteilung stützte sich ausschließlich auf sein erzwungenes „Geständnis“ in der Untersuchungshaft, das er vor Gericht widerrief, und auf Kommentare, die er in sozialen Medien veröffentlicht hatte, während er im benachbarten Kasachstan lebte.

Folter und andere Misshandlung

Folter und andere Misshandlungen sind weiterhin weit verbreitet. Für Personen, die verdächtigt werden, dafür strafrechtlich verantwortlich zu sein, besteht weitgehend Straffreiheit. Bei den Vorschlägen der Generalstaatsanwaltschaft zur Einrichtung unabhängiger Mechanismen zur Überwachung von Folter und Haftbedingungen gab es keinen Fortschritt. Zudem verzögerten die Behörden weiterhin einschlägige Rechtsreformen, die sie mehreren internationalen Menschenrechtsgremien zugesagt hatten.

Ein Parlamentsausschuss, der 2022 eingesetzt worden war, um die gewaltsame Unterdrückung der Proteste in Karakalpakstan, einschließlich der mutmaßlichen Folterung von Dutzenden inhaftierten Protestierenden, zu untersuchen, legte dem Parlament im Dezember schließlich einen Bericht vor. Der vollständige Text war bis zum Jahresende nicht veröffentlicht worden. Die Behörden ignorierten die Forderungen nach einer unabhängigen internationalen Untersuchung.

Im August berichteten Menschenrechtsbeobachter*innen, dass sich der Gesundheitszustand des Rechtsanwalts und Herausgebers Dauletmurat Tazhimuratov aus Karakalpakstan verschlechtert hat. Er war in einem unfairen Verfahren wegen seiner mutmaßlichen Rolle bei den Protesten im Juli 2022 zu 16 Jahren Haft verurteilt worden. Nach Angaben seiner Mutter, die ihn im Gefängnis besucht hatte, musste er unter gefährlichen Bedingungen ohne Schutzkleidung in einer Kalkfabrik arbeiten. Er hatte an Gewicht verloren, litt unter Schwierigkeiten beim Essen und Atmen und hatte einen Ausschlag an Händen und Gesicht. Die Behörden leisteten ihm nicht die notwendige medizinische Hilfe und er hatte nur eingeschränkten Zugang zu seinem Anwalt und seiner Familie.

Recht auf Wohnen

Nach seinem Besuch in Usbekistan im August warnte der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf angemessenen Wohnraum, dass in Bezug auf das Recht auf Wohnen eine große Kluft zwischen Gesetz und Praxis bestehe. Er stellte fest, dass „die Unabhängigkeit der Justiz nach wie vor eine Herausforderung darstellt“ und dass „die überwiegende Mehrheit der Verfahren, an denen Bauträger und Bewohner*innen beteiligt sind, offenbar zugunsten der Bauträger entschieden wird“. Der Sonderberichterstatter äußerte sich auch besorgt darüber, dass Opfer von Zwangsräumungen, Verteidiger*innen des Rechts auf Wohnen, Anwält*innen, Blogger*innen und Journalist*innen, die über den willkürlichen Abriss von Häusern berichten, eingeschüchtert, strafrechtlich verfolgt oder aus zweifelhaften Gründen inhaftiert wurden.

Am 5. Januar entschied ein Gericht, Shahida Salomova, die sich offen gegen Menschenrechtsverletzungen im Stadtentwicklungssektor ausgesprochen und Opfer von Zwangsräumungen verteidigt hatte, aus einer offenen in eine geschlossene psychiatrische Klinik zu verlegen. Ihr wurde der Kontakt zu ihren Verwandten und ihrem Anwalt untersagt, und sie wurde einer medizinischen Zwangsbehandlung unterzogen. Sie war 2022 in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen worden, nachdem sie den Präsidenten und seine Familie in den sozialen Medien der Korruption bezichtigt hatte. Der Sonderberichterstatter bedauerte, dass ihm ein Besuch bei Shahida Salomova nicht gestattet wurde, und forderte eine unabhängige internationale medizinische Einschätzung ihres Zustands.

Rechte von LGBTI+

Lesbische, schwule, bisexuelle, trans und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) waren weiterhin der Gefahr von Menschenrechtsverletzungen durch Strafverfolgungsbehörden und Privatpersonen ausgesetzt. Sie wurden eingeschüchtert, tätlich angegriffen, in den sozialen Medien diffamiert und aufgrund falscher Anschuldigungen willkürlich inhaftiert.

Die Regierung weigerte sich weiterhin, einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Männern zu entkriminalisieren. In einer Antwort an den UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte im April erklärten die Behörden, die Entkriminalisierung solcher Beziehungen widerspreche „den Traditionen des multiethnischen Volkes Usbekistans, den Werten der Institution der Familie und nationalen Bräuchen“.

Die Behörden warnten auch vor der Gefahr „homosexueller Propaganda“ und betonten, dass sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität nicht als geschützte Merkmale in die Antidiskriminierungsgesetze aufgenommen werden könnten, da sie „den Werten der Institution der Familie“ widersprächen.

Recht auf eine gesunde Umwelt

Usbekistan ist nach wie vor anfällig für die Folgen des Klimawandels, der Übernutzung von Wasser für landwirtschaftliche Zwecke, der Wüstenbildung und der Luftverschmutzung

Die Hauptstadt Taschkent gehört zu den zehn am stärksten verschmutzten Städten der Welt. Eine Studie der Weltbank ergab, dass 83 Prozent der Einwohner einer Luftverschmutzung ausgesetzt sind, die sechsmal höher ist als die von der WHO empfohlenen Werte. Dies führt jährlich zu rund 3.000 vorzeitigen Todesfällen. Mehr als die Hälfte der Luftschadstoffe besteht aus Staub von Baustellen und Straßen.

Um die Ausbreitung der Wüste zu verlangsamen, initiierte Präsident Shavkat Mirziyoyev ein Programm zur Aussaat von dürreresistentem Saatgut in trockenen Gebieten, unter anderem in Karakalpakstan, das von der Austrocknung des Aralsees besonders betroffen war.

17. Juni 2025